Märzhasen

 

 

Schauen wir 50 bis 60 Jahre zurück: Damals bot die kleinräumig strukturierte Landwirtschaft Feldhasen und beispielsweise auch Rebhühnern beste Lebensraumbedingungen und Äsungsmöglichkeiten. Feldhasen profitierten als ursprüngliche Steppentiere von der Offenhaltung der Landschaft und den vielen Feld- und Wiesenrändern, den Wegrainen und Hecken mit optimaler Begleitflora, die später zumindest im Ackerbau als „Unkraut“ benannt und bekämpft wurde. Heute wissen wir um den Wert dieser „Hasenapotheken“, nur gibt es sie fast nicht mehr. 

 

Damals galt der Feldhase zu Recht als Kulturfolger und wegen seiner starken Besätze als Fruchtbarkeitssymbol. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft, der Zusammenlegung von Feldern, dem Verschwinden von Ackerrändern, Feldrainen und Hecken, der höheren Mahdfrequenz und intensiveren Düngung im Grünland, mit dem Entstehen artenarmer Fettwiesen verschwanden wertvolle Äsungsflächen und Deckung, zudem wurden die Zeitfenster zwischen den Mähzeitpunkten für die Jungenaufzucht auf dem Grünland oft zu kurz (Robin et al., 2017). Höhere Straßenverluste durch Verbesserung und Ausweitung des Straßennetzes sowie die Zunahme von Faktorenkrankheiten sind heute weitere Rückgangsursachen. In Grünlandgebieten ist die Jungenaufzucht dann erfolgreicher, wenn ausreichend große Flächen spät gemäht werden und zwischen zwei Mahdterminen mindestens zwölf Wochen liegen.

Feldhasen pflanzen sich von Jänner bis September fort, in den März fällt ein Höhepunkt der „Hasenhochzeiten“. Zumindest im Flach- und Hügelland kommen jetzt schon die „Märzhasen“ zur Welt, von denen bei ungünstiger Witterung kaum welche überleben. Eine Tragzeit von 42 bis 43 Tagen, rund 2,5 Junghasen pro Satz (Wurf) und zwei bis drei (maximal vier) Sätze pro Jahr zeichnen den Hasen als Wildart mit hoher Vermehrungsrate aus. Allerdings beträgt die Junghasensterblichkeit hauptsächlich witterungs-, beutegreifer- und erntezeitabhängig zwischen 70 und 95 %. Junghasen werden nur ein- bis maximal zweimal pro Tag gesäugt, das aber mit einer sehr fettreichen Milch (rund 23 % Fett). Junghasen haben in den ersten sieben Lebenswochen wenig Chance, Beutegreifern zu entfliehen. Dank ihrer Tarnfarbe, einem geringen Eigengeruch und dem ruhigen Liegen im Lager sind sie vor Beutegreifern recht sicher. Gegenüber den immer schneller werdenden landwirtschaftlichen Maschinen hilft diese Strategie aber nicht.

Viele Junghasen werden alljährlich als vermeintlich verwaist aus „Tierschutzgründen“ mitgenommen und es wird versucht, sie handaufzuziehen. Nicht nur dass die Aufzucht von Feldhasen schwierig ist, solche Aktionen passieren meist aus einem Unwissen um das Säugeverhalten der Häsin. Junghasen werden von der Häsin eben nur einmal täglich gesäugt. Sie verbringen den Großteil des Tages in Deckung sowie alleine und deshalb für die Finder anscheinend „verwaist“. Die biologischen Daten der Feldhasen weisen Hasen als Wildtier mit zwar hohen Fortpflanzungs-, aber auch hohen Verlustraten aus. Vielen Naturliebhabern ist nicht unbedingt geläufig, dass in der Natur viel gestorben wird, auch bei den Jungtieren. Die Mitnahme von Wildtieren ohne Wissen des Jagdberechtigten ist übrigens auch jagdrechtlich verboten.