Eine Ära der steirischen Jagd geht zu Ende

Mit 1. Mai wechselte Karl Sirowatka in den wohlverdienten Ruhestand. Über 30 Jahre war er in der Funktion des Geschäftsführers für die Steirische Landesjägerschaft unermüdlich im Einsatz. Sein umfangreiches Fachwissen, gepaart mit Linientreue, machte ihn zum Fels in der Brandung für gleich vier Landesjägermeister. Hier ein Versuch, den Menschen Karl Sirowatka und sein Wirken in Worte zu fassen.

Der ab Mai in den Ruhestand wechselnde Geschäftsführer der Steirischen Landesjägerschaft, Mag. Karl Sirowatka, stammt ursprünglich aus der Obersteiermark, genauer gesagt aus St. Marein im Mürztal. Doch dort verweilte er nur bis zu seinem Geschichte- und Germanistikstudium, denn dieses zog ihn nach Graz. Um in Graz bleiben zu können, finanzierte er sein Studium als Erzieher im Marieninstitut. Seine Arbeit als Erzieher genügte Karl Sirowatka nicht, denn in den Jahren 1986 und 1987 absolvierte er ein „Akademikertraining“ beim ANBLICK und verfasste in dieser Zeit die Festschrift „50 Jahre Steirische Landesjägerschaft“.

Diese war so gut gelungen, dass Karl Sirowatka vom damaligen Landesjägermeister Ulfried Hainzl am 1. Jänner 1988 zum Sekretär und Geschäftsführer der Steirischen Landesjägerschaft bestellt wurde. Die Kanzlei der Steirischen Landesjägerschaft befand sich zu diesem Zeitpunkt noch im Priesterseminarhaus in der Bürgergasse 2. 

Karl Sirowatka arbeitete unter den Landesjägermeistern Ulfried Hainzl, Dr. Franz Mayr-Melnhof sowie DI Heinz Gach. Doch drei Landesjägermeister waren noch nicht genug. In seinen letzten zwei Dienstjahren hatte ich als frisch gewählter Landesjägermeister das Vergnügen, dass ich von seiner umfassenden Erfahrung und dem schier unbegrenzten Wissen nicht nur in jagdlichen Belangen profitieren konnte. Wesentliche Eckpunkte in der Tätigkeit von Mag. Sirowatka waren die Umstellung der Jägerschaftsverwaltung auf EDV, der Erwerb des Objektes und die Übersiedelung der Kanzlei an den Schwimmschulkai.

Während seiner Dienstjahre wandelte sich der Stellenwert der Jagd, der auch den Paradigmenwechsel in der Gesellschaft erreichte. Die Öffentlichkeit begann sich für jagdliche Belange zu interessieren und der Tierschutzgedanke berührte die Jagd auf allen Ebenen: Niederwildhege, Wintergatter, Hundeausbildung, Hunde und Katzen im Revier, Fallenjagd ... Daneben entwickelte sich die Wald-Wild-Frage zu einer Glaubensfrage, an der diese untrennbar verwobene Einheit sich zu entzweien drohte. In dieser Zeit gewannen auch die Erkenntnisse der Wildbiologie zunehmend an Bedeutung für die Jagd und im frühen Erkennen dieser Entwicklung wurden erstmals Wildbiologen bei der Jägerschaft angestellt. In der langen Tätigkeitsperiode von Karl Sirowatka änderte sich auch der ursprüngliche Aufgabenbereich der Geschäftsführung grundlegend – die Jagd in der Steiermark musste nicht mehr nur verwaltet, sondern verteidigt und aktiv gestaltet werden. Die Öffentlichkeitsarbeit gewann an Bedeutung und die Jagd musste sich zunehmend selbst erklären – ein zeitaufwendiger und nicht immer einfacher Verantwortungsbereich. Im Laufe der Zeit entwickelte sich Mag. Sirowatka zum Experten im Jagdrecht, Naturschutz- und Tierschutzrecht und auch in Fragen der EU-Richtlinien wurde er zunehmend ein kompetenter Ansprechpartner. 

Seit dem EU-Beitritt Österreichs vertrat Karl Sirowatka die österreichischen Jagdverbände gemeinsam mit dem viel zu früh verstorbenen Dr. Peter Lebersorger bei der FACE in Brüssel. Er war stets auf dem Laufenden über Beschlüsse und Neuerungen, die manchmal weit entfernt von der bodenständigen alpenländischen Jagd gefasst wurden. Doch damit nicht genug, er wusste auch gut Bescheid über die Jagdgegner und deren Lobbyisten, die es der Jagd schwer machten und machen. 

Unter seiner Geschäftsführung war die Steirische Landesjägerschaft auch Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft der Jagdverbände des Süd-Ost-Alpenraumes, AGJSO. Dem Rechnung tragend hat Sirowatka diese sein gesamtes Berufsleben hindurch tatkräftig unterstützt und Veranstaltungen organisiert, zuletzt im Jahr 2014 in Mariazell.

Nicht nur FACE und AGJSO waren seine internationalen Standbeine, sondern auch die Internationale Jagdkonferenz IJK. Karl Sirowatka hat unter steirischem Vorsitz die Verantwortung für diese übernommen. Durch ihn waren die Tagungen nicht nur bestens organisiert, sondern immer von aktuellen Themen geprägt, welche durch von ihm ausgesuchte kompetente ReferentInnen präsentiert wurden.

Sein Einsatz für Wild, Jagd und die Jagdverbände war stets von Herz und Idealismus getragen. Dass er sich auch kritisch zur Jagd äußerte und Fehler in den eigenen Reihen aufzeigte, machte ihn zum herausfordernden Gesprächspartner, welcher er bis heute ist. 

Sein legendäres Wissen um Marterln, Gstanzln, Liedtexte, Gedichte und Reime im jagdlichen Kontext und weit darüber hinaus macht ihn zu einem profunden Träger der jagdlichen Kultur. Ein Bildungshumanist, wie man ihn heute kaum mehr findet, der sich in Geschichte ganz allgemein und mit Gschichtln im Besonderen umfassend auskennt. Wenn er ins Erzählen kommt, gilt es immer, aufmerksam zuzuhören, denn was er zu sagen hat, hat Substanz. Dass er selbst begeisterter, aber stets bodenständiger und verwurzelter sowie bescheidener Jäger geblieben ist, liegt, wenn man ihn kennt, nahe. Dass er auch begeisterter Flohmarktgeher ist, wissen nur seine Freunde.

Wie auch ich persönlich erfahren durfte, war Karl Sirowatka seit seiner Bestellung zum Geschäftsführer der Steirischen Landesjägerschaft der Inbegriff der Loyalität gegenüber der Steirischen Landesjägerschaft und den Landesjägermeistern. Natürlich wird bei Mag. Karl Sirowatka bereits die eine oder andere Idee für seinen Ruhestand verankert sein, daher wünsche ich im Namen aller steirischen Jägerinnen und Jäger dem Jungpensionisten für den neuen Lebensabschnitt viel Gesundheit und Wohlergehen. Möge die Umsetzung all seiner Ideen sowie Pläne möglich sein.

Ein herzliches und aufrichtiges Dankeschön und ein kräftiges Weidmannsheil!

Ihr Landesjägermeister Franz Mayr-Melnhof-Saurau

 

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Der ANBLICK darf sich den Wünschen des Landesjägermeisters anschließen und bedankt sich aufrichtig bei Karl Sirowatka für die über drei Jahrzehnte lange Mithilfe in der Redaktion als Korrektor und wandelndes Lexikon. Die gemeinsamen Stunden der Arbeit und Freude werden wir vermissen, aber nie vergessen. Unserem kritischen Freund alles Gute und Weidmannsheil für die kommenden Jahre.

red.