„Miteinander in der Natur“

Am 18. Februar lud die Steirische Landesjägerschaft zu einer Pressekonferenz vor die Orangerie im Grazer Burggarten.

Führende Vertreter der Landespolitik und namhafter alpiner Vereine hatten sich zuvor darauf verständigt, eine gemeinsame Vorgangsweise im Umgang mit Wildtieren in ihren Winterlebensräumen öffentlich zu bekunden. Es sind die massiven Freizeitaktivitäten des Menschen in den letzten Rückzugsgebieten der alpinen Schalenwildarten, die im Winter häufig zu qualvollen Überlebenskämpfen führen. Eine von der Steirischen Landesjägerschaft beauftragte Umfrage unter 400 Teilnehmern zeigt, dass 87 % der Befragten sich dieser Problematik durchaus bewusst sind. Gemeinsam mit den alpinen Vereinen und dem Land Steiermark sollen nun Ruhezonen in den besonders sensiblen Fütterungsbereichen von Rotwild definiert werden. Ausgehend von diesem gemeinsamen Bekenntnis zum Wildtierschutz, wird bis zum nächsten Winter im intensiven Dialog ein Konzept für die Steiermark erarbeitet, das Skitouren und Winterwanderwege mit den lebenswichtigen Überwinterungsgebieten von Hirsch, Gams und Reh in Einklang bringt.

 

Landesjägermeister Franz Mayr-Melnhof-Saurau skizzierte in seinem Begrüßungsstatement die aktuell sehr angespannte Situation in vielen Bezirken der Steiermark. Dem Rotwild, dem vom Menschen die natürlichen Winterlebensräume in den Tallagen genommen wurden, stehen heute nur mehr sehr eingeschränkt Überwinterungsgebiete zur Verfügung. Mit über 360 Fütterungen wird Rotwild heute in der Steiermark strategisch gelenkt, um es gesund und für die Forstwirtschaft möglichst schadensfrei über den Winter zu bringen. Mittels komplexer Computer-Modellierungen hat man für das Gamswild noch konkretere, aber auch weit besorgniserregendere Zahlen präsentiert: Nur mehr rund 13 % der Fläche der Steiermark stellen adäquate Sommerlebensräume dar, im Winter sind es gar nur 7 % geeignete Flächen. Aufklärung und Dialog sind für die Steirische Landesjägerschaft die Mittel, die zum Erfolg führen sollen. Die steirischen Jäger verfügen über jene wertvollen Daten, die heute in diversen Touren-Apps zur Besucherlenkung integriert werden könnten. Man habe aber auch gegenüber den Grund- und Jagdeigentümern die Verpflichtung zum Datenschutz, was eine vorherige Zustimmung zur Weitergabe von z. B. Fütterungsstandorten erfordert. Hier gilt es zum einen, interne Aufklärungsarbeit zu leisten und Vertrauen für die Initiative zu schaffen, zum anderen müssen Wege gefunden werden, die einen selbst herbeigeführten Fütterungstourismus ausschließen.

 

Jürgen Dumpelnik und Norbert Hafner sprachen sich als Vertreter der „Naturfreunde Steiermark“ und des „Österreichischen Alpenvereins“ unisono für einen breiten Erhalt der Wegefreiheit aus. Allerdings haben beide alpinen Vereine seit ihrer Gründung den Natur- und Wildtierschutz als zu erhaltendes Gut verankert. Sie sind sich auch bewusst, dass eine zu starke ungeregelte Massierung der Lebensräume weitreichende negative Folgen hat. Deshalb nehmen sie die ausgestreckte Hand der Jägerschaft gerne an, um mit dem zur Verfügung gestellten Wissen Auswüchsen entgegenzuwirken. Ebenso wolle man zukünftig bei der Ausbildung von Instruktoren, Berg- und Naturführern vermehrt den Fokus auf die Auswirkungen menschlicher Störungen legen.

 

Agrarlandesrat Hans Seitinger und Sportlandesrat Christopher Drexler zeigten sich von der Initiative begeistert. Megatrends könne man nicht so einfach abdrehen, gab Seitinger zu bedenken. Zielführender wird ein „Fair-Play-System“ sein, bei dem jeder aktive Nutzer im Wissen ist, was sein Handeln anrichtet. Immerhin gilt es, die Interessen von Eigentum, Erholung sowie den Schutz und die Nutzung von Wald und Wild in Einklang zu bringen. Es gehe aber auch um viel Steuergeld, welches vom Bund und Land, etwa für die Erhaltung des Schutzwaldes, in die Hand genommen wird. Es kann nicht sein, dass durch eine touristische Überbeanspruchung Wildtiere in Schutzwälder gedrängt werden, wo sie dann zu Forstschädlingen degradiert und massiv verfolgt werden. Die Jägerschaft sieht Seitinger deshalb heute weit im Bereich des Tierschutzes arbeitend. Ihre breit angelegte Aufklärungsinitiative über die Naturwelten in Mixnitz werde das noch verstärken. Bleibt zu hoffen, dass Sportlandesrat Christopher Drexler recht behält, wenn er die Dinge im großen Kontext sieht: „Sport und körperliche Betätigung in der Natur formen eine gesunde Gesellschaft, die dann wiederum eher fähig ist, die Zusammenhänge in der Natur zu erkennen und Regeln zu befolgen.“

 

Insgesamt war der Auftritt ein deutliches Bekenntnis zum Dialog und zum Miteinander. Die Interessenvertretungen und Institutionen scheinen wie noch nie zuvor den Ernst der Lage erkannt zu haben und in welche Richtung es gehen muss. Daraus folgend war bereits ein Wille spürbar, die Hausaufgaben gerecht verteilen und sie auch bis zum nächsten Winter erledigen zu wollen.