Welche Zukunft gehört der Jagd?

Wohin die jagdliche Reise geht, sollte in einer Podiumsdiskussion in der Orangerie Esterhazy in Eisenstadt ergründet werden. Bei vielen divergierenden Meinungen war man sich dabei doch in einem einig: Die Jagd darf ruhig selbstbewusst zeigen, welche Leistungen sie für Gesellschaft und Natur erbringt. Und: „Wer nicht zukunftsfähig ist, soll sich ein anderes Hobby suchen!“

 

Die Veranstaltung am 17. März startete mit einem Impulsreferat von Antal Festetics über die Naturschätze im pannonischen Raum. Ihm zufolge konzentriert sich hier die gesamte Vielfalt des Karpatenbeckens in Form einer Miniatur. Nicht weniger als 400 Arten leben hier, wo sich Alpen und Puszta treffen. Besonders bekannt ist die Region für die Silberreiher, deren Balzfedern von Herrschenden zur Schau gestellt wurden und die – nicht nur in der Tierwelt – als Zeichen aggressiven Verhaltens gelten. Ihre Population hat sich verdoppelt und breitet sich aus, wobei statt Fischen heute Mäuse als Äsung bevorzugt werden.

 

Anders die Situation bei den Trappen. Das natürliche Geschlechterverhältnis ist grundsätzlich ausgeglichen, hat sich im vergangenen Jahrhundert aufgrund der Balzjagd allerdings in Richtung 1 : 8 verschoben. Ergebnis war, dass viele Gelege unbefruchtet waren, wodurch der Besatz weiter schrumpfte. Eine weitere Leitart rund um den Neusiedler See ist die Graugans. Sogar der Verhaltensforscher Konrad Lorenz hat 1926 aus einem Gelege vom See Küken großgezogen, an denen er forschte.

 

Interessantes wusste Festetics aber auch beim Schalenwild zu berichten. Demnach gibt es Rohrhirsche im Schilf des Neusiedler Sees mit ganz hellem Geweih, da sie dieses am Schilf fegen. Daneben gibt es den Moorhirsch mit dunklen Stangen, da dieser im Moor forkelt. Daneben gibt es noch den Gebirgshirsch vom Leithagebirge. Ein weiterer Bewohner des Schilfes war der Rohrwolf, wobei sich Gelehrte uneinig sind, ob es sich dabei um eine kleine Wolfsart oder den Goldschakal handelt.

 

Antal Festetics ist selbst Naturschützer der ersten Stunde und ihm ist daran gelegen, den Artenreichtum zu erhalten. Problematisch sieht er, dass es in der westlichen Welt vor allem um Freiheit und Humanität geht, also um den Menschen und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt. Was fehlt, ist der Respekt gegenüber anderen Arten: „Der Naturschutz ist erst 100 Jahre alt, deshalb gibt es noch keine Philosophie des Naturschutzes“, bedauerte der Professor.

 

Bei der anschließenden von Christa Kummer geleiteten Podiumsdiskussion ging es darum, wie die Jagd gesellschafts- und zukunftsfähig gemacht werden soll. Für Dominik Dachs war klar: Die Jagd muss authentisch sein und keine Ausreden auf Metaebene erfinden. Denn dass man zu jemand Fremdem geht, dem Geld gibt, um dessen Wildschäden zu reduzieren, ist kein glaubhaftes Motiv für die Jagd.

 

Eva Erlacher schwang die „Bildungskeule“. Ihrer Ansicht nach gibt es derart eklatante Mängel im Grundwissen der Gesellschaft, dass hier angesetzt werden sollte. Selbst auf universitärer Ebene ist nicht wirklich bekannt, dass es in Österreich Gams- und Steinwild gibt oder der Rehbock nicht zum Rothirsch heranwachsen kann.

 

Christa Kummer wünschte sich mehr gut ausgebildete Personen, die als Sprecher für die Jagd in der Öffentlichkeit eingesetzt werden können. Es geht dabei nicht nur um Fachwissen, sondern ganz stark auch um nonverbale Kommunikation. Altgediente Funktionäre mit ihren roten Nasen sind da nicht die erste Wahl.

 

Friedrich Reimoser betonte allerdings, dass Kommunikation mit gelebtem Verhalten an der Basis der Jägerschaft zusammenpassen muss. Er forderte auch deutlich einen Selbstreinigungsprozess bei Jägern ein, ähnlich einer Durchforstung. „Wer nicht zukunftsfähig ist, soll sich ein anderes Hobby suchen!“ Reimoser machte aber auch Mut. Jagd tritt ja in vielen Bereichen als Dienstleister auf. Das sei die „Main Message“, die es zu verbreiten gilt.

 

Auch Miroslav Vodnansky stieß in ein ähnliches Horn und wünschte sich mehr Reflexion und Selbstreflexion bei den Jägern. Stärken und Schwächen seien offen und selbstbewusst in die Öffentlichkeit zu tragen, damit der „Jäger als Anwalt des Wildes“ gelebt wird und nicht nur leere Floskel bleibt.

 

Auch Hausherr Matthias Grün wünschte sich einen Perspektivenwechsel der Jäger, etwa dass sie sich einmal in die Situation des Wildes oder auch von Erholungsuchenden hineinversetzen mögen, um der Jagd auch in Zukunft angemessene Akzeptanz zu verleihen.

 

Genau das war auch Anliegen mehrerer Mitdiskutanten aus dem Auditorium. Ganz speziell ging es um den Einsatz von Nachtsichttechnik bei der Jagd. Offenbar ist nämlich nur wenigen bewusst, wie massiv dadurch Wildtiere gestört werden – insbesondere beim Einsatz im Wald. Außerdem gerät die Argumentation der Jägerschaft ins Wanken, wenn sie Erholungsuchende aussperren und selbst 24/7 auf der Fläche stören will.

sm