Im Revier
Ernte schockt den Hasen weniger als vermutet
Durch die beginnende Getreideernte im Frühsommer verändert sich der Lebensraum des Feldhasen drastisch. Es wäre zu erwarten, dass dieser "Ernteschock" zu erhöhter Stressbelastung führt. Neue Untersuchungen zeigen: Eher ist das Gegenteil der Fall.

Bedingt durch moderne Ernteprozesse, erfolgt der Umbruch der Landschaft in kürzester Zeit. Zurück bleiben Stoppelfelder, wodurch sich das Angebot an Deckung für Wildtiere zunächst drastisch verändert. Durch weitere Bodenbearbeitung wie das Grubbern verschwinden nicht nur die Getreidestoppeln zeitnah unter der Erde, sondern auch die letzten Getreidekörner sowie Unkräuter und damit die letzte Nahrung auf diesen Feldern. Dieses rasche Verschwinden von Deckung und Nahrung für die dort lebenden Wildtiere wird in der Jägersprache als "Ernteschock" bezeichnet. Über die Auswirkung des "Ernteschocks" auf die Bestände von Feldhasen, Fasanen und Co. wird während der Herbstjagd vielerorts diskutiert.
Der Feldhase im Visier
Der Feldhase ist eine der Charakterarten unserer Kulturlandschaft, die besonders häufig in Ackeranbaugebieten vorkommt. Dennoch sind die Feldhasenbestände seit Anfang des 20. Jahrhunderts rückläufig. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten bereits zeigen, dass die Intensivierung der Landwirtschaft der "Superfaktor" für diesen Rückgang ist. Ob und gegebenenfalls welchen Einfluss Erntevorgänge von Feldkulturen hierbei spielen, blieb in bisherigen Untersuchungen jedoch offen. Das war Anlass für das Institut für Wildbio-logie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur in Wien, den Einfluss der Getreideernte auf den Feldhasen näher zu untersuchen. Ziel war es herauszuarbeiten, ob die Getreideernte eine Stresssituation für die Feldhasen erzeugt und somit negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Hasen zu befürchten wären.

Messung von Stress bei Wildtieren
Wie lässt sich der Stress von wild lebenden Tieren messen? Eine Möglichkeit stellt die Messung von Glukokortikoiden und deren Metabolit-Konzentrationen dar. Grundsätzlich spielen Glukokortikoiden bei einer Reihe von physiologischen Prozessen wie der Energieregulierung eine entscheide Rolle. Gleichermaßen helfen sie dem Organismus, mit Stress-situationen umzugehen, und gelten so als Vermittler der physiologischen Stressreaktion. Für frei lebende Wildtiere wie den Feldhasen bewährte sich die Messung von Glukokortikoid-Metaboliten in der Losung im Gegensatz zu anderen Nachweismöglichkeiten wie Blut, Speichel, Haare, Federn, Milch und Urin.
Den ausführlichen Beitrag von Nicolas Cybulska, Rupert Palme, Klaus Hackländer, Alfred Frey-Roos und Stéphanie Schai-Braun finden Sie in der aktuellen Printausgabe. Kostenloses Probeheft bestellen.