Im Revier

Auerwild im Burgenland?

Bei der Ausbildung der Jungjäger wird oft die Frage gestellt, ob im Burgenland Auer- und Haselwild vorkommt oder vorgekommen ist. Friedrich Prandl griff die Frage auf, zumal er nach dem letzten Weltkrieg bei forstlichen Einrichtungsarbeiten und Pirschgängen selbst noch Auerhennen und Haselwild in Anblick bekam. 

Vor der Schilderung der regionalen Vorkommen der beiden Wildarten möchte ich zuerst den damaligen Lebensraum Wald beschreiben: Die Waldausstattung im Burgenland lag vor dem letzten Weltkrieg bei rund 100.000 Hektar. Die Kernbereiche der zusammenhängenden größeren Waldgebiete waren im Besitz der ungarischen Adelsfamilien Esterházy, Draskovich, Erdödy, Batthyány etc., die Randbereiche waren Urbarialgemeinden (Waldgenossenschaften) und aufgeteilte Wälder. Die Nutzungsform im Groß- und Urbarialwald war der Kahlschlag mit zahlreichen Überhältern von Kiefer, Lärche, Eiche und Buche. Die Bestandsbegründung erfolgte durch Wiederaufforstung und mehrmalige Kulturpflege. In den parzellierten Wäldern erfolgte eine Bedarfsnutzung, es wurde in Kleinkahlschlägen oder durch Einzelstammnutzung nur so viel Holz entnommen, wie für Heizungs- und Bauzwecke gebraucht wurde.

Die Lage der Nutzungsflächen richtete sich meist nach dem Alter der Bestände und der Geländebeschaffenheit, da die Abfuhr des Holzes nur auf einfachen Erdwegen mit tierischem Zug erfolgte. Eine steigende Nachfrage nach Brenn- und Faserholz förderte nach 1945 die Durchforstungen, in deren Folge sich flächendeckende Kräuter- und Heidelbeeraufwüchse einstellten. Waldteile mit schwierigen Bringungsverhältnissen wurden oft der natürlichen Entwicklung überlassen. Auf die Biotopansprüche von Auer- und Haselwild übertragen, bedeutet das, dass die Überhälter ideale Balzbäume für die Auerhähne und die insektenreichen Randlinien der Kahlschläge zusammen mit dem stufigen Bestandesaufbau im Kleinwald und den Kräuter- und Heidelbeerdecken ideale Lebensbedingungen für Auerwild und das standorttreue Haselwild boten.

An bejagbaren Wildarten kamen Rot- und Rehwild, Fuchs, Marder, Dachs, Hase, Schnepfen und Tauben vor. Fuchs und Marder wurden wegen ihres wertvollen Balges in den Wintermonaten intensiv bejagt, der Dachs als Gelegeräuber von August bis Dezember wegen seines Fettes und seiner Schwarte verfolgt. Die Beunruhigung der Wälder beschränkte sich auf die Schlägerungs- und Durchforstungsarbeiten im Winter sowie den Holztransport. Im Sommer waren Schwammerlsucher, Beerenpflücker und Touristen die einzigen Waldbesucher; Letztere in geringerer Zahl und konzentriert auf die markierten Wanderwege. Diese heute kaum noch vorstellbaren Lebensräume waren der Garant für kleine, aber nachhaltige Populationen von Auer- und Haselwild, zumal mindestens 50 Prozent der Lebensräume ohne Störungsdruck blieben und somit ein lokaler Bestand erhalten wurde. Nachstehend eine Beschreibung der Auer- und Haselwildvorkommen im Burgenland, wie sie von Zeitzeugen bestätigt werden: Im Rosaliengebirge wurde Auerwild bis Mitte der 1950er-Jahre beobachtet. 

Der letzte Auerhahn wurde am 23.4.1946 von Franz Strobl im Revier Wiesen erlegt. Eine Kette Haselhühner wurde 1994 bei einer Saukirrung gesehen: Weiters wird von Dr. Roth, Professor für Waldbau und Jagdkunde in Sopron, vor 1938 berichtet, dass durch seinen Vater im Ödenburger Gebirge, dem östlichen Ausläufer des Rosaliengebirges, im Jahre 1875 der erste Auerhahn erlegt wurde.  Bei forstlichen Einrichtungsarbeiten und Ansitzen auf Rehwild begegnete ich bis 1960 einige Male Auerhennen und bis 1965 Haselwild im Landseer Gebirge – Bezirk Oberpullendorf, in den Esterházy'schen Revieren Pauliberg und Heidriegel. Mit dem Auftreten von Schwarzwild – erster Abschuss eines Überläufers am 14.4.1957 – ist Auer- und Haselwild im Genossenschaftsjagdgebiet Landsee immer mehr verschwunden. Im Raum Piringsdorf-Dörfl, Bezirk Oberpullendorf, kamen noch bis 1940 Auerwild und bis Mitte der 1980er-Jahre Haselwild in Anblick. Der letzte Haselhahn wurde 1967 in Piringsdorf erlegt. Wegen der Zunahme des Schwarzwildes und damit verbundener Schäden in der Landwirtschaft wurde im Mai 1957 eine Riegeljagd auf Schwarzwild von der BH Oberpullendorf angeordnet.  Im Waldgebiet Geschriebenstein ist eine Auerhahnbalz von 1960 bis 1965 bekannt. Legendär ist ein sogenannter "narrischer Auerhahn", der seine Balz auf der Schotterstraße Lockenhaus-Rechnitz so hartnäckig abhielt, dass der Linienbus stehen bleiben musste. Noch in den Jahren 1980 und 1985 kam Auerwild vereinzelt in Anblick. 

Zur Bestandserhaltung plante Gräfin Batthyány aus Rechnitz eine Auswilderungsaktion von Auerwild, die jedoch vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde in Wien aus jagdfachlichen Gründen abgelehnt wurde. Heute kaum vorstellbar ist das Vorkommen beider Wildarten im Raum Oberwart bis Mitte der 1960er-Jahre. Einer der letzten Auerhahnen wurde am 8. April 1951 von Fm. Anton Mokesch im Revier Oberwart erlegt. Ebenso überraschend ist eine Auerwildpopulation im Punitzerwald, Bezirk Güssing, die bis 1945 nachweisbar ist. Von Graf Paul Draskovich, dem damaligen Eigentümer eines Teiles des Punitzerwaldes und Förderer des Auerwildes, wurde 1951 der letzte Hahn in Urbersdorf erlegt. Die Bedeutung dieser Wildart unterstreicht die Benennung eines Gasthauses "Zum Auerhahn" in Gütenbach, Untere Hauptstraße 66. Selbst im Bezirk Jennersdorf kam im Jahr 1929 noch ein Auerhahn im Revier Neuhaus am Klausenbach zur Strecke.  Der Rückgang bzw. das Verschwinden von Auer- und Haselwild ist neben der Intensivierung der Forstwirtschaft und Änderung der Lebensräume vor allem auf die Zunahme von Schwarz- und Raubwild zurückzuführen. Selbst freiwillige Einschonungen konnten daran nichts ändern.