Heft Juli 2024


Themen im aktuellen Heft:
 

Blattjagd im Gebirge und ihre Tücken

 

Imagine Roebucks!

 

Tierische Mischwesen

 

Rößler Signature: Jagdlicher Glücksbringer

Praxiswissen für Revierbetreuer

Blattjagd im Gebirge und ihre Tücken 

Nicht jedes Revier im Gebirge ist weit einsehbar. Zumindest das Rehwild ist in den meisten Fällen unsichtbar im dichten Bergwald, oberhalb der Baumgrenze in den Latschenfeldern oder in langgezogenen Hängen mit hüfthohem Kriechwacholder gut verborgen. Nur die Blattzeit zaubert dann so manchen Rehbock aus dem Verborgenen. 

Die Rehwilddichte ist für gewöhnlich im Gebirge deutlich geringer als in einem Revier des Flachlandes. Neben natürlichen Feinden wie Fuchs und Steinadler, zunehmend auch Luchs und Wolf, hat das Reh große Probleme mit hohen Schneelagen und Lawinen. Die Winterverluste können jährlich unterschiedlich entsprechend hoch ausfallen. Folglich sind die Einstände der Rehböcke weitläufiger als in der Ebene. Wer im Berg erfolgreich auf bestimmte Rehböcke jagen will, muss eine genaue Kenntnis davon haben, wo er sie im Gelände suchen muss. Wie bei der Jagd auf alte Rehböcke im Flachlandrevier muss der Jäger auch im Bergwald nahe an das Einstandszentrum heran, wenn er Erfolg haben will, denn über weite Strecken lassen sich nur die Jünglinge bewegen. Deshalb hängt in diesem Fall nicht alles, aber doch sehr viel von der Wahl des richtigen Platzes ab.

 

 

Mit Argusaugen

Wenn der Rehbock auf das Fiepen des Lockjägers zusteht, macht er das angespannt und sehr aufmerksam mit allen Sinnen. Er weiß ganz genau, von welcher Stelle der Laut kommt, und wird sich meist unauffällig, aber zügig nähern, um einen vermeintlich eingedrungenen Rivalen überraschen und vertreiben zu können. Dabei konzentriert er sich auf jede kleinste auffällige Bewegung. Nur wenn der Jäger selbst im Schatten und gedeckt steht, wird er vom Wild unerkannt bleiben und es hoffentlich frühzeitig bemerken, da er ausreichend die Umgebung einsehen kann. Für die Blattjagd ist ein in die Umgebung eingepasster Schirm oder leicht erhöhter Stand zwar nicht für den sicheren Schuss unbedingt notwendig, aber um den zustehenden Rehbock sorgfältig ansprechen zu können. Denn eine Entscheidung muss in der spannenden Situation schnell getroffen werden, bevor der Bock so nah heran ist, dass er den Jäger sieht oder Wind bekommt und dann abspringt. Sind die Rehböcke nicht bereits vorher ausgiebig angesprochen und bestätigt worden, also leicht zu erkennen, wenn sie springen, passieren gerade jetzt die häufigsten Fehlabschüsse.

 

Den ausführlichen Beitrag finden Sie in unserer aktuellen Printausgabe. Kostenloses Probeheft bestellen.


Jagderlebnis

Imagine Roebucks!

In der Rehbrunft springen Böcke auf den Ruf hin manchmal langsam suchend, dann wieder stürmisch oder sie tauchen lautlos wie ein Gespenst vor einem auf. Sie mögen sich in ihrer Fantasie das schon vorstellen, riet der Jäger den Kindern. „Imagine Roebucks!“, flüsterte Prinz Pompasch geheimnisvoll seiner Freundin ins Ohr. „Imagine Roebucks!“, wiederholte Lily ebenso geheimnisvoll.

von Josef Rudolph

 

 

 

Oh-ooh“, hallte es aus den weit geöffneten Fenstern der Beletage über den geräumigen Hof des Schlosses. Die drei Trakte des einfachen, aber gut proportionierten Baus mit einer Fassadendekoration im Zopfstil sind um einen nach Osten geöffneten Hof angeordnet. Die großzügige Weite der Anlage, verbunden mit Alterungsspuren am Gebäude und gemildert durch einen üppigen Bewuchs mit wildem Wein, wirken wie der Eintritt in eine vergangene Welt. Harun schlenderte auf den Haupteingang zu. Er genoss die Stimmung dieses heißen Sommernachmittages und mochte es, wenn der Kies unter seinen Schuhsohlen knirschte.

„First things first. I‘ma say all the words inside my head.“ Seit Beginn der Sommerferien lief der Song „Believer“ der US-amerikanischen Rockband Imagine Dragons auf der Musikanlage von Prinz Pompasch in Dauerschleife. „I‘m fired up and tired of the way that things have been. Oh-ooh.“

Am Anfang waren alle Schlossbewohner von dem Lied begeistert, aber mittlerweile mit ihren Nerven schon ziemlich am Ende und froh, wenn Harun den Buben zumindest für einen Reviergang weglocken konnte.

 

An der Mauer beim breiten Durchgang, der vom Schlosshof in den englischen Garten, aber auch in das Stiegenhaus und die Schlosskapelle zur Heiligen Dreifaltigkeit führte, lehnte neben den in den Farben des Teufels gehaltenen und seinem Namen gerecht werdenden Dirt Bike von Prinz Pompasch ein knallrotes, schweres Mountainbike, das ein giftgrüner Luftballon zierte, auf dem in großen, schwarzen Buchstaben „LILY“ stand.

Der Prinz hatte Besuch. Lily Luftballon war – wie Prinz Pompasch – ein angehender Teenager wie aus einem Werbespot: fesch, flott und frech.

Im Inneren des Schlosses war es vollkommen still. Nur im Stiegenhaus selbst war ganz leise Musik zu vernehmen. Harun stieg langsam die Treppe empor, links und rechts an den Wänden Rehkronen und Hirschtrophäen bunt durcheinandergemischt; nicht glatt gekappt, sondern roh abgeschlagen und ohne Brettchen direkt an der Mauer befestigt.

Oben angekommen, war das Lied schon deutlicher vernehmbar, aber erst als Harun die hohe gepols­terte Doppeltür zum saalartigen Zimmer von Prinz Pompasch öffnete, traf ihn die Heftigkeit der Musik wie ein Schlag ins Gesicht.

„Second thing second. Don’t you tell me what you think that I could be.“ Die Kinder hatten die Musikanlage bis zum Anschlag aufgedreht und hüpften zur ohrenbetäubenden Musik wie verrückt herum. Von beiden unbemerkt schlich Harun zur Steckdose und zog mit einem kurzen, kräftigen Ruck den Stecker. Die Musik erstarb unter einem hässlichen Seufzer. „Oh-ooh.“

 

Das riesige Zimmer im Obergeschoß des Schlosses, das Prinz Pompasch bewohnte, war eine Mischung aus Schreibstube, Konzertsaal, Fitnesscenter und Expeditionslager. Nicht zu vergessen ein halsbrecherisches Hochbett gegenüber der Fensterfront, die einen fantastischen Blick in den Park gewährte.

Zuerst überrascht vom abrupten Ende der Party, hatten sich die beiden Kinder aber rasch gefasst und stürmten auf Harun zu.

„Darf Lily auf die Pirsch mitkommen?“, flehte Prinz Pompasch. „Bitte! Bitte!“

Sie hatte ihre langen, glatten blonden Haare zu einem wippenden Pferdeschwanz zusammengebunden, ihre schlanken, gebräunten Beine steckten in sandfarbenen Khakishorts, darüber ein übergroßes, schmutziggrünes Leinenhemd aus dem Wäschebestand von Prinz Pompasch. An den Füßen die scheinbar unverzichtbaren Converse.

So muss Jane Goodall als Kind ausgesehen haben.

„Ich weiß, du bist abergläubisch,“ setzte er nach, „und nimmst nicht gern Frauen mit auf die Jagd.“

„Das war mein Vater“, knurrte Harun und gab sich geschlagen. „Na kommt, starten wir los!“

 

Harun hatte dem Drängen der Kinder, auf der Ladefläche des Pick-ups mitzufahren, mit zugegeben schlechtem Gewissen zugestimmt, ihnen Decken unter den Po geschoben und das Heckfenster geöffnet, um jederzeit Gewissheit über die Situation da hinten zu haben.

Nachdem sie die knallende Hitze des Schlosshofes verlassen und die schattenspendende Allee von uralten, riesigen Eichen passiert hatten, umfing sie die angenehme Kühle des Hochwaldes. Ganz langsam rollten sie dahin. Harun parkte den Wagen am Rande eines geräumigen Holzlagerplatzes und stellte den Motor ab. Die Kinder kletterten rasch von der Ladefläche. An ihren Gesichtern war deutlich abzulesen, dass sie die kurze Fahrt sehr genossen hatten.

Das Gelände, in dem Harun blatten wollte, ist ein von Bodenmulden und Gräben durchzogener Hochwald, der jedoch durch kleine Schläge und verwachsene Rückegassen aufgelockert sowie von einem kleinen Bachlauf, dem sie bei ihrem Pirschgang folgen wollten, durchschnitten ist. Das leicht hügelige Waldgelände fasert an seinem Rand in eine Buschlandschaft aus, ehe sich diese in weite Wiesen und Felder öffnet. Harun hatte die Blattplätze so ausgewählt, dass man nach nahezu allen Seiten guten Ausblick und Schussmöglichkeit hatte. Sie waren nicht zu nahe an den vermuteten Einständen des Wildes gelegen und er wollte die Böcke lehrbuchmäßig aus dem Hellen ins Dunkle locken. Das war zumindest der Plan.

Harun prüfte den Wind mithilfe von Seifenblasen, was die Kinder sehr entzückte und es ebenfalls versuchen ließ. Bestens! Sie würden gegen den Wind pirschen.

Er nahm sein Gewehr, ein leichtes Pirschglas und das Dreibein, das aus mit einem Streifen Fahrradschlauchgummi zusammengehaltenen Tomatenstangen vom Baumarkt bestand.

 

Ohne oberlehrerhaft erscheinen zu wollen, gab er den Kindern eine kurze Einweisung in die Blattjagd, insbesondere darauf, alles genau zu beobachten und auf Geräusche zu achten, da die Böcke sich auf den Ruf hin manchmal langsam suchend nähern, dann wieder stürmisch heranspringen oder lautlos wie ein Gespenst vor einem auftauchen. Sie mögen sich in ihrer Fantasie schon jetzt die möglichen Begegnungen mit den Böcken im Wald vorstellen.

„Imagine Roebucks!“, flüsterte Prinz Pompasch geheimnisvoll seiner Freundin ins Ohr.

„Imagine Roebucks!“, wiederholte Lily ebenso geheimnisvoll. Dann schlichen sie katzengleich los – Harun voran, in der Mitte Lily; den Abschluss bildete der Prinz, um eventuell – ganz Gentleman –
etwaige Attacken von wilden Tieren aus dem Hinterhalt von seiner Freundin abzuwehren. Anzumerken ist jedoch, dass nach gemeinsamen Abendansitzen mit Harun beim Rückweg in der Dunkelheit Prinz Pompasch immer darauf besteht, vorauszugehen, weil er selbst Angst hat, von hinten von Ungeheuern angefallen zu werden. Was er aber nie zugeben würde. Diesmal war aber erstens Lily mit dabei und zweitens war es heller Tag.

Die erste Station war ein umgestürzter Baumriese, in dessen Wurzelloch sie alle bequem Platz fanden. Harun deutete den Kindern, ab jetzt mucksmäuschenstill zu sein, die Ohren zu spitzen und sich nach Möglichkeit nicht zu bewegen.

Dann begann er mit leisem, zartem, langsamem Fiepen: „Fi“ - „Fi“ - „Fi“ - „Fi!“ – warten.

Dann wieder: „Fi“ - „Fi“ - „Fi“ - „Fi“ – und wieder warten. Lange. Aber nichts passierte. Kein Heranschleichen mit dem Haupt am Boden. Kein Heranprasseln mit heraushängendem Lecker. Kein plötzliches Auftauchen aus dem Nichts. Alles blieb still.

Jetzt begann Harun Ton auf Ton, laut und nahezu ohne Unterbrechung zu fiepen.

„Piä“, „Piä“, „Piä“, „Piä“.

„Piä“, „Piä“, „Piä“, „Piä“.

Aber nichts passierte. Kein Heranschleichen mit dem Haupt am Boden. Kein Heranprasseln mit heraushängendem Lecker. Kein plötzliches Auftauchen aus dem Nichts. Alles blieb still.

 

Das vergebliche Spiel wiederholte sich an weiteren Ständen. An solchen, die traditionell als nahezu sagenhaft sichere Blattplätze gelten, wo immer und sofort die Böcke springen, und an anderen, die generell aussichtslos sind. Harun wusste nur zu gut, dass es immer Tage gibt, an denen die Böcke springen, und solche, an denen sie es nicht tun. Heute schien so ein aussichtsloser Tag zu sein.

Lily Luftballon und Prinz Pompasch wussten das natürlich noch nicht und die anfangs vorhandene Anspannung der Kinder schlug um in beginnende Langeweile. Bei Lily stellte sich Durst ein, bei Prinz Pompasch Durst und Hunger und bei beiden wurden nunmehr auch die Gelsen zum Problem.

Mit enttäuschten Gesichtern traten sie blinzelnd aus dem Wald hinaus in die blendende Helle der offenen Landschaft. Und dann stand vor ihnen ein Bock in der prallen Sonne mitten auf einer kleinen Wiese und naschte von den Kräutern. Seelenruhig.

Harun kannte ihn vom Frühjahr her, hatte ihn aber seither nicht mehr vor sich gehabt. Ein richtiger Durchschwindler, der monatelang abtauchte und schwierig anzusprechen war. Eine geringe, wenn auch nicht uninteressante Trophäe mit ungerader Endenanzahl. Altersmäßig schwer einzuschätzen. Entweder war er zweijährig oder sechs. Oder irgendwo dazwischen. Jedenfalls passte er und war schussbar.

Als Harun das Dreibein aufstellte und sein Gewehr vorsichtig in Position brachte, wurden die Augen der Kinder groß und mit einem Mal war die Spannung in ihren Gesichtern wieder zurück.Harun musste diesmal nichts andeuten. Mit den Zeigefingern in ihren Ohren harrten sie gespannt der Dinge, die da kommen.

Als der Bock kurz sein Haupt hob und breit stand, ließ Harun fliegen. Der Schussknall breitete sich wie ein Donnerschlag fast körperlich über die angrenzenden Wiesen und Felder. Der Bock warf auf, als wollte er nach dem herannahenden Gewitter sehen, gab sich aber ansonsten völlig unbeeindruckt und äste weiter.

Hektisch repetierte Harun die nächste Patrone in den Lauf, das Absehen des Zielfernrohres saugte sich wieder auf das Blatt des Bockes; er drückte ab.

Dem Bock war die Sache nun doch nicht mehr geheuer, er machte eine kurze Wendung und sprang völlig unversehrt in hohen Fluchten ab.

„Sniper!“, lachte Prinz Pompasch hämisch, während Lily unpassend kicherte. Harun packte daraufhin die nackte Wut, er repetierte zornig die letzte Patrone aus dem Magazin in den Lauf und fuhr ein weiteres Mal auf. Der Bock verhoffte am Rand zum Wald jenen Bruchteil einer Sekunde, in dem der dritte Schuss fiel. Im Knall war er verschwunden.

„Sniper! Sniper!“ rufend, hüpften die beiden Kinder wie verrückt herum und lachten sich beinahe tot; sichtlich erfreut darüber, dass das Rehlein mit dem Leben davongekommen war.

 

Harun ließ sie einfach weiter herumhüpfen, lud zur Sicherheit eine neue Patrone in den Lauf und eine weitere ins Magazin und schlenderte langsam auf jene Stelle zu, an der der Bock verschwunden war. Er war sich seiner letzten Kugel sicher und genoss mit einem Mal wieder die Stimmung dieses heißen Sommernachmittages. Den beiden unerklärlichen Fehlschüssen würde er später nachgehen.

„Sniper! Sniper!“, hörte er Lily Luftballon und Prinz Pompasch im Hintergrund rufen.

Am Anschuss war reichlich Schweiß, und als Harun den längst verendeten Bock aus den Randsträuchern ins Freie zog, erstarb mit einem Mal das hämische Rufen der Kinder und sie stürmten herbei, um die Beute zu bestaunen und gemeinsam mit Harun Totenwacht zu halten.

Der Rehbock trat, versehen mit einem letzten Bissen und fürsorglich auf die Ladefläche des Pick-ups gebettet, flankiert von den beiden Kindern, seinen letzten Weg in die Kühlkammer an.

Bei aller Euphorie über die Erlebnisse dieses Nachmittages verweigerten Lily Luftballon und Prinz Pompasch jedoch – ihre Gesichter vor Ekel verziehend und rülpsend Übelkeit vortäuschend –
standhaft das von Harun zum gemeinsamen Abendbrot vorgeschlagene frische Rehhirn mit Ei und gerösteten Nieren. Man einigte sich schluss­endlich nach kurzer, heftiger Diskussion auf Pizza. Mit Cola, aber ohne Musik.


Im Revier

Tierische Mischwesen

Vertreter verschiedener Tierarten und sogar Tiergattungen verpaaren sich viel häufiger miteinander, als man erwarten würde. Aus evolutionärer Sicht kann das sogar von großem Vorteil sein. 


Waffe, Schuss & Optik

Rößler Signature: Jagdlicher Glücksbringer

Der Beurteilung einer Waffe haftet immer etwas Subjektives an, schließlich ist es das Ergebnis, das zählt. Die Reviererfahrungen mit der Rößler Signature gehen genau in diese Richtung. Sie schießt wie Gift und hat zu gutem Anlauf verholfen. Das anschließende Weidmannsheil ergibt sich daraus fast von selbst..

 


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