Im Revier
Ein grünes Dilemma
Die Energiewende setzt voll auf Strom aus erneuerbarer Energie, um schädliche Emissionen zu verhindern. Windkraft hat allerdings nicht nur aus landschaftsästhetischer Sicht Folgen. Es werden Flächen verbraucht, Lebensräume zerschnitten und Tierpopulationen beeinflusst.

Einer meiner Hochsitze steht an einer kleinen Stilllegungsfläche meines Reviers, dort will ich es auf ein Stück Rehwild versuchen. Der Wind geht stramm Richtung Osten und die zahlreichen Windkraftanlagen um mich herum stehen ordentlich unter Zug. Die Rotorblätter zerschneiden förmlich die Luft und ihr Rauschen ist weithin wahrnehmbar. Ich habe mich daran gewöhnt, die ersten Anlagen stehen nun schon über 20 Jahre hier. In meiner Heimat Deutschland ist die Energiewende seit geraumer Zeit unübersehbar in vollem Gange. Überall entstehen Projekte zur Gewinnung erneuerbarer Energien. Etwa ein Viertel unseres Stroms wird mittlerweile aus Windkraft gewonnen. Allein im zurückliegenden Jahr wurden dazu über 500 neue Windkraftanlagen gebaut. Insgesamt verfügt Deutschland somit mittlerweile über 30.000 solcher Anlagen. In Österreich sind es bislang etwa 1.500 – mit steigender Tendenz. Der Gewinnung des benötigten Stroms stehen aber auch diverse Konsequenzen gegenüber. Denn Windkraft hat nicht nur aus landschaftsästhetischer Sicht Folgen. Es werden Flächen verbraucht, Lebensräume zerschnitten und Tierpopulationen beeinflusst.

Fledermäuse sterben durch den direkten Kontakt mit den Rotor-blättern oder das sogenannte Barotrauma. Wenn sie den Rotorblättern zu nahe kommen, verursacht der entstehende Druckunterschied tödliche Verletzungen in Lunge und Gefäßen.
Windkraft und Fledermäuse
Es ist nicht zu übersehen, dass Fledermäuse zu den Verlierern dieser Entwicklung zählen. Untersuchungen zeigen, dass an jeder Anlage in der Hauptflugzeit bis zu 35 Tiere pro Monat verenden. Man geht in Deutschland davon aus, dass jährlich über 200.000 dieser Tiere durch Rotorblätter ihr Leben lassen. Das Sterben dieser unter strengem Schutz stehenden Tiere ist nicht nur für die Arten selbst problematisch. Denn das Fehlen der Fledermäuse hinterlässt eine Lücke im Ökosystem. Betroffen sind in erster Linie Offenraumjäger wie der Große Abendsegler. Nur ein Teil der Opfer stirbt durch den direkten Kontakt mit den Rotorblättern. Ein weiteres Problem ist das sogenannte Barotrauma, bei dem man die Tiere scheinbar unversehrt am Boden vorfindet. Dieses Phänomen tritt auf, wenn die Fledermäuse den Rotorblättern zu nahe kommen und der entstehende Druckunterschied die Lunge und Gefäße tödlich verletzt.

Von Rotorblättern erschlagen
Ähnlich problematisch sind die Anlagen für Vögel. Dabei unterscheidet man zwischen direkter und indirekter Wirkung. Die direkten Folgen sind offensichtlich. Allein bis zu 12.000 Greifvögel verlieren in Deutschland ihr Leben, indem sie von den Rotorblättern erschlagen bzw. zerteilt werden. Nicht sofort erkennbar sind dagegen die indirekten Konsequenzen. Zum Beispiel können Vögel ein verstärktes Meidungsverhalten gegenüber Windparks aufweisen. In Untersuchungen wurde unter anderem gezeigt, dass Kiebitze in einer Entfernung von unter 100 Metern zu einer Windkraftanlage weniger häufig brüteten. Ein Meideverhalten gegenüber derartigen Anlagen wurde auch bei anderen Arten wie Großer Brachvogel, Uferschnepfe und Rotschenkel nachgewiesen. Wobei der Einfluss bei Durchzüglern stets deutlicher ausfiel als bei Brutvögeln. Als besonders empfindlich gegenüber Windkraftanlagen stellten sich in diesbezüglichen Studien Auerhühner heraus. Die Tiere wiesen eine herabgesetzte Nutzung der Lebensräume bis zu einer Entfernung von 650 Metern auf. Bei besenderten Tieren ließ sich das sogar bis zu einer Distanz von 865 Metern belegen. Neben der Meidung machen Verhaltensuntersuchungen grundsätzlich deutlich, dass sensible Arten in Bereichen von Windkraftanlagen ein reduziertes Komfortverhalten aufweisen. Das darf als ein Indikator für Stress gewertet werden.
Den ausführlichen Beitrag von Konstantin Börner finden Sie in der aktuellen Printausgabe. Kostenloses Probeheft bestellen.
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