Im Revier

Folgen für Tiere im Hitzestress

Die Jagdstrategien des Habichts sind jenen menschlicher Jäger nicht unähnlich. Nachgewiesen wurden im Beutespektrum seines gesamten Verbreitungsgebietes über 500 verschiedene Arten. In Europa machen Vögel den größten Teil der Beutetiere aus.

Es ist Jahre her, da haben wir mit dem ANBLICK das erste große Rehwildprojekt in Österreich umgesetzt. Die "Rehe vom Rosenkogel" sind vielleicht noch manchem ein Begriff. Unser Quartier war dort die Kogelschillinghütte. Um den manchmal etwas eintönigen Speiseplan unseres Hüttenlebens aufzubessern, erlegte ich hie und da ein paar Ringeltauben und rupfte sie gleich an Ort und Stelle draußen im Revier. Wer je eine erlegte Taube von ihrem Federkleid befreit hat, der weiß, das gibt in der Regel eine ganz Wolke von feinsten Dunen. Oberförster Ulrich von der Forstverwaltung Meran war damals zwar schon lange im wohlverdienten Ruhestand, dennoch gehörte die tägliche Revierfahrt zur festen Routine. Und so fand er natürlich auch die Taubenfedern. Beim nächsten Besuch am Kogelschilling kam dann die Meldung: "Der Habicht – das Luder – war oben auf der Höllbauer-Wildwiese!"

Viel mehr als eine Menge Federn, die von seiner Beute überbleiben, bekommt man vom Habicht auch meist nicht zu sehen. Kein Wunder also, dass ein Jäger, von dem man weiß, dass er da ist, den man aber kaum je zu Gesicht bekommt, nicht immer den besten Ruf hat. Dennoch ist dieser Greifvogel nicht so selten, wie man annehmen möchte. Mittlerweile hat er auch längst Städte erobert. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Europa über den gesamten paläarktischen Raum bis Kamtschatka und Japan. Im Norden reicht es bis zur Grenze der borealen Nadelwälder, im Süden geht der Habicht sogar über Spanien hinaus – 
auch im Norden Afrikas kommt die Art in Marokko vor. Über Griechenland und Kleinasien erstreckt sich dann das Verbreitungsgebiet bis in den nördlichen Iran. Auch Teile des Himalajas sowie das Zentrum Chinas werden besiedelt. In Großbritannien war der Habicht ausgerottet, dort haben sich die Bestände über abwandernde Vögel vom Festland ebenso wie durch entflogene Beizvögel jedoch wieder neu aufgebaut. Heute unterscheidet man zwei Arten: Es gibt den Eurasischen Habicht und den Amerikanischen Habicht. 

So wie der Rotfuchs im Süden Italiens deutlich kleiner und leichter ist als jener im Norden Norwegens, so sind auch die Habichte im Mittelmeerraum deutlich kleiner als jene in Skandinavien. Abgesehen von relativ kleinen und weniger kräftigen Inselformen auf Sardinien und Korsika zählen die Habichte in Spanien zu den leichtesten. Die schwersten gibt es in Europa im zentralen Teil Fennoskandiens. Dort erreichen Weibchen bis 1,4 kg Körpergewicht, Männchen liegen bei 0,86 kg. Die spanischen Habichtweibchen kommen auf rund 
1 kg. Der Sexualdimorphismus ist beim Habicht jedenfalls stark ausgeprägt. Im Extremfall können besonders große erwachsene Weibchen bis zu vier Mal schwerer sein als kleine Terzel innerhalb derselben Population. 

 

Über das riesige Verbreitungsgebiet unterscheidet man heute eine ganze Reihe von Unterarten, die sich nicht nur über Körpergröße, sondern auch durch ihre Gefiederfärbung voneinander unterscheiden. Im Westen Sibiriens ist etwa ein Zehntel der dortigen Unterart beinahe reinweiß. In Nordostsibirien und auf Kamtschatka lebt die hellste aller Unterarten – etwa die Hälfte dieser Vögel ist beinahe weiß. Vieler dieser Habichte ziehen im Winter weiter südlich in die Transbaikalregion oder bis in die Mongolei und das Land rund um den Ussuri. Auch ein Teil der skandinavischen Vögel zieht im Winter etwas weiter nach Süden. Jungvögel können weit abwandern, Altvögel ziehen selten weiter als 300 km aus ihrem Sommerstreifgebiet. Im Norden Schwedens wandern Jungvögel im Mittel rund 380 km ab, im Süden sind es durchschnittlich 70 km. In Mitteleuropa ist der Habicht viel stärker ortsgebunden. Übers Jahr wandern nur wenige Vögel mehr als 30 km ab, in der Regel sind dies Jungvögel. Große, offene Gewässer überfliegen Habichte nicht gerne – so queren nur wenige die Straße von Gibraltar oder den Bosporus. 

 

Stolze Revierbesitzer

Habichte sind ausgesprochen territorial, und auch wenn man diesen Greifvogel nur selten zu Gesicht bekommt, wer im Spätwinter etwas aufmerksam ist, der kann den sonst so scheuen Waldvogel hoch oben am freien Himmel beobachten, wenn er seine Balz- und Territorialflüge vorführt. Besonders auffällig ist dabei der "Girlandenflug", während dessen die Vögel steil aufsteigen, um sich dann mit angezogenen Schwingen wieder beinahe senkrecht abfallen zu lassen. Revierflüge gibt es im gesamten Jahr, besonders aktiv sind die Vögel jedoch von Jänner bis April. 

Tatsächlich verteidigt wird das Umfeld des Horstes in einem Radius von etwa einem Dreiviertelkilometer – je nach Gelände. Das umfasst nicht mehr als 150 bis 200 Hektar. Damit ist gewährleistet, dass Paarung, Brut und Jungenaufzucht ohne Störung ablaufen. Auch der Horst, der als Brutplatz begehrt ist, wird damit gesichert. Auseinandersetzungen zwischen ansässigen und fremden Vögeln gibt es auch darüber hinaus im Jagdgebiet. Meist werden dabei Eindringlinge aber nur momentan vertrieben. Erwachsene Männchen sind in der Regel ganzjährig stärker an die Umgebung des oder der Horste gebunden.  

  


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