Im Revier

Hopp, Hase!

Schnee- und Feldhasen sind aktuell mehrfach unter Druck. Tourismus, Landwirtschaft und Klimawandel schränken ihre Entfaltungsmöglichkeiten ein. Zudem gibt es Hinweise auf häufige Hybridisierung der Arten. Wie sich das auf die Bestände auswirken wird, ist noch unklar.

Die Naturforschende Gesellschaft Graubünden feiert in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen, der Schweizerische Nationalpark seinen 111. Geburtstag. Zum Jubiläum führten die Institutionen gemeinsam mit dem Amt für Jagd und Fischerei Graubünden ein Symposium zu Schnee- und Feldhasen durch. Die Veranstaltung richtete sich an interessierte Naturfreunde, Jäger und Fachleute. Alle sieben Fachreferentinnen und -referenten konnten mit ihren Ausführungen das Publikum fesseln. 

Bereits die Exkursion am Freitag in der vielfältigen Kulturlandschaft um Guarda bot einen steilen Einstieg ins Thema mit angenehmer Horizonterweiterung für die Teilnehmenden. Stéphanie Schai-Braun demonstrierte in einem ihrer sieben Testgebiete des Unterengadins das Sammeln von Hasenlosung entlang eines Höhentransekts von der subalpinen bis zur alpinen Stufe. Auch alte Hasen konnten dabei Neues lernen, unter anderem dass die Hasenlosung im Sommer nicht zwingend den runden, in Massen abgesetzten Kotpillen entsprechen muss.

Das eigentliche Symposium am Samstag im Auditorium Schlossstall des Nationalparks eröffnete Flurin Filli als Hausherr und Organisator. Er verwies darauf, dass gerade im Engadin in den letzten 30 Jahren viel über Schnee- und Feldhasen und deren Interaktionen geforscht wurde, sowohl in bejagten als auch in geschützten Gebieten.  Durch das Programm führte Claudio Signer. 

 

Bewegungssehen und Richtungshören

Eröffnet wurden die Referate von Klaus Hackländer mit einem faszinierenden Vortrag zu Verwandtschaft, Lebensweise und Vorkommen der Hasen Europas. Er zeigte die Trümpfe auf, die die Hasen haben, um trotz anspruchsvollen Umweltbedingungen zu überleben. Die Nahrungsverarbeitung steht innerhalb der Pflanzenfresser einzigartig da, indem sie sowohl Blinddarm-Fermenter als durch ihre Koprophagie auch eine Art Wiederkäuer sind. Auch die Feindvermeidung haben sie perfektioniert durch Bewegungssehen, Richtungshören, aber auch Hakenschlagen und aktive Verwirrung möglicher Verfolger mit dem Widergang. Und schließlich verhilft die hohe Fruchtbarkeit den Hasenpopulationen zum Überleben, wenn die Anpassungen im Einzelfall versagen.

Suboptimale Lebensräume

Claude Fischer, Professor an der HEPIA in Genf, fokussierte zuerst auf die in der Schweiz vorkommenden Hasenartigen und schließlich auf die Habitatnutzung des Feldhasen. Mit eindrücklichen Beispielen zeigte er auf, dass in der Kulturlandschaft des Schweizer Mittellandes den Biodiversitätsförderflächen, mehrjährigen Dauerwiesen, aber auch den Feldgehölzen und dem Wald zentrale Rollen zukommen. Nur so sind Nahrung und Deckung in den Hasenlebensräumen während des ganzen Jahres gewährleistet. Abschließend musste er aber feststellen, dass die Landwirtschaftspolitik erst kürzlich positiv wirkende Maßnahmen aus Kostengründen fallen ließ.

Darius Weber, einer der Altmeister der schweizerischen Wildtierbiologie, stellte in seinem Referat die berechtigte Frage, ob der Feldhase im Mittelland noch zu retten sei. Dies angesichts der großen Herausforderungen durch die intensive Landwirtschaft, den hohen Prädationsdruck, Krankheiten und weitere negativ wirkende Faktoren. Er zeigte auf, dass der Zustand einer Population nicht allein aufgrund der beobachteten Alttiere beurteilt werden darf. In seinem Projekt "Hopp Hase" erforschte er im Team die Überlebensrate der Junghasen und suchte nach Verbesserungen in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Er kam zum Schluss, dass es im Intensivlandwirtschaftsgebiet Flächen braucht, wo Junghasen vor Landmaschinen und Raubtieren sicher sind, beispielsweise in Getreidefeldern, die in weiter Reihe eingesät sind. Leider entfällt die Subvention dieser sehr wirkungsvollen Fördermaßnahme seit dem letzten Jahr aufgrund von Sparmaßnahmen des Bundes. Die Instrumente zur Förderung des Feldhasen im Mittelland wären vorhanden, der Wille zur Umsetzung scheint aber noch zu fehlen. Abschließend zeigte Darius Weber auf, dass es in der Schweiz dem Feldhasen im Gebirge deutlich besser geht als im Mittelland.

  
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