Als Jäger fragen wir uns oft, wann der optimale Zeitpunkt für einen Ansitz oder eine Pirsch ist. Wind und Wetter lassen sich dabei schlecht planen, aber was wäre, wenn die Mondphase einen Einfluss auf mein Weidmannsheil auch am Tage hätte? Der Amerikaner John Alden Knight publizierte 1942 die Solunar-Theorie, bei der die Mondphasen und die Position von Mond und Sonne am Himmel einen Einfluss auf das Verhalten unserer Wildtiere und damit auch unseren Jagderfolg haben. Eine biologische Theorie zu dem Phänomen sagt voraus, dass nur Beutetierarten, welche sich primär optisch orientieren, in hellen Mondnächten stärker nachtaktiv werden. Wie können wir diese Theorien mit modernen wildbiologischen Forschungsmethoden überprüfen? Wildkameras, Wildunfälle und Telemetriedaten liefern dazu einige Antworten. In einer aktuellen Wildunfallstudie aus Österreich zeigen Wolfgang Steiner und Kollegen einen starken Effekt der Mondphase auf die Wildunfallhäufigkeit mit Rehwild. Auch Kollegen aus Spanien und den USA konnten weitaus höhere Wildunfallzahlen in Vollmondnächten nachweisen. Liegt dieser Effekt an mondsüchtigen Autofahrern oder an einer Verhaltensveränderung der Wildtiere? Auch die Ergebnisse von Telemetriestudien deuten auf einen Effekt auf unsere Wildtiere hin. Eine Untersuchung von besenderten Weißwedelhirschen in den USA zeigte dabei besonders erhöhte Aktivität um den Mondauf- und -untergang. Beim Wechsel zwischen bejagten und unbejagten Gebieten nutzten nordamerikanische Wapitis umso stärker mondhelle Nächte, je stärker der Jagddruck wurde. Sogar unser Gamswild scheint den Mond zu nutzen. Zwei Studien aus der Schweiz und Italien zeigten eine höhere Aktivität besenderter Gams in mondhellen Nächten. Zusammengefasst gibt es zwar einen komplexen Effekt, aber der Einfluss der Morgen- und Abenddämmerung auf unser Schalenwild ist weitaus stärker als der des Mondes.
Robin Sandfort, Wildbiologe, Groß-Enzersdorf 

Als Jäger fragen wir uns oft, wann der optimale Zeitpunkt für einen Ansitz oder eine Pirsch ist. Wind und Wetter lassen sich dabei schlecht planen, aber was wäre, wenn die Mondphase einen Einfluss auf mein Weidmannsheil auch am Tage hätte? Der Amerikaner John Alden Knight publizierte 1942 die Solunar-Theorie, bei der die Mondphasen und die Position von Mond und Sonne am Himmel einen Einfluss auf das Verhalten unserer Wildtiere und damit auch unseren Jagderfolg haben. Eine biologische Theorie zu dem Phänomen sagt voraus, dass nur Beutetierarten, welche sich primär optisch orientieren, in hellen Mondnächten stärker nachtaktiv werden. Wie können wir diese Theorien mit modernen wildbiologischen Forschungsmethoden überprüfen? Wildkameras, Wildunfälle und Telemetriedaten liefern dazu einige Antworten. In einer aktuellen Wildunfallstudie aus Österreich zeigen Wolfgang Steiner und Kollegen einen starken Effekt der Mondphase auf die Wildunfallhäufigkeit mit Rehwild. Auch Kollegen aus Spanien und den USA konnten weitaus höhere Wildunfallzahlen in Vollmondnächten nachweisen. Liegt dieser Effekt an mondsüchtigen Autofahrern oder an einer Verhaltensveränderung der Wildtiere? Auch die Ergebnisse von Telemetriestudien deuten auf einen Effekt auf unsere Wildtiere hin. Eine Untersuchung von besenderten Weißwedelhirschen in den USA zeigte dabei besonders erhöhte Aktivität um den Mondauf- und -untergang. Beim Wechsel zwischen bejagten und unbejagten Gebieten nutzten nordamerikanische Wapitis umso stärker mondhelle Nächte, je stärker der Jagddruck wurde. Sogar unser Gamswild scheint den Mond zu nutzen. Zwei Studien aus der Schweiz und Italien zeigten eine höhere Aktivität besenderter Gams in mondhellen Nächten. Zusammengefasst gibt es zwar einen komplexen Effekt, aber der Einfluss der Morgen- und Abenddämmerung auf unser Schalenwild ist weitaus stärker als der des Mondes.

Robin Sandfort, Wildbiologe, Groß-Enzersdorf 


Grundsätzlich übernimmt Wasser zahlreiche überlebensnotwendige Funktionen. Es dient im Körper als Lösungs- und Transportmittel, reguliert den Zelldruck sowie die Körpertemperatur und ist an den meisten Stoffwechselvorgängen beteiligt. Die regelmäßige Zufuhr von Wasser muss daher fortwährend gewährleistet sein. Bereits der Verlust von zehn Prozent Wasser in einem Organismus kann zu schweren Störungen führen.

Wasserbedarf ist individuell
Die Wasseransprüche einzelner Tierarten sind durchaus abweichend. Rinder zum Beispiel benötigen bis zu zehn Prozent des eigenen Körpergewichts an Wasser pro Tag. Bei unseren Wildarten kann man als Faustregel davon ausgehen, dass sie je nach Bedingungen etwa 50 bis 100 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht benötigen. Nehmen wir beispielsweise für ein Reh ein Lebendgewicht von 20 Kilogramm an, dann ergibt sich daraus ein Bedarf von etwa einem bis zu zwei Litern. Bei einer täglichen Äsungsaufnahme von bis zu vier Kilogramm, welche einen Wasseranteil zwischen 40 bis 90 Prozent besitzt, ist es demnach prinzipiell in der Lage, seinen Wasserbedarf über die Äsung sowie den damit aufgenommenen Tau sicherzustellen. Dies und die Tatsache, dass man Rehwild selten schöpfen sieht, führte in der Vergangenheit auch in Jägerkreisen teilweise zu der Annahme, dass Rehwild Wasser gar nicht aktiv aufnehmen würde. Das ist aber mit Sicherheit nicht der Fall. Hat Rehwild die Gelegenheit, an Wasser zu gelangen, nimmt es dies, insbesondere in der heißen Jahreszeit, generell gern an. Doch auch beim Wasser bleiben Rehe ihrer Naschhaftigkeit treu. Ist die Wasserstelle übelriechend, was in der Regel mit einer Keimbelastung verbunden ist, meiden sie die Stücke. Nur wenn es zu einem extremen Wassermangel kommt, werden auch derartige Flüssigkeiten genutzt.

Grundsätzlich übernimmt Wasser zahlreiche überlebensnotwendige Funktionen. Es dient im Körper als Lösungs- und Transportmittel, reguliert den Zelldruck sowie die Körpertemperatur und ist an den meisten Stoffwechselvorgängen beteiligt. Die regelmäßige Zufuhr von Wasser muss daher fortwährend gewährleistet sein. Bereits der Verlust von zehn Prozent Wasser in einem Organismus kann zu schweren Störungen führen.

Wasserbedarf ist individuell

Die Wasseransprüche einzelner Tierarten sind durchaus abweichend. Rinder zum Beispiel benötigen bis zu zehn Prozent des eigenen Körpergewichts an Wasser pro Tag. Bei unseren Wildarten kann man als Faustregel davon ausgehen, dass sie je nach Bedingungen etwa 50 bis 100 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht benötigen. Nehmen wir beispielsweise für ein Reh ein Lebendgewicht von 20 Kilogramm an, dann ergibt sich daraus ein Bedarf von etwa einem bis zu zwei Litern. Bei einer täglichen Äsungsaufnahme von bis zu vier Kilogramm, welche einen Wasseranteil zwischen 40 bis 90 Prozent besitzt, ist es demnach prinzipiell in der Lage, seinen Wasserbedarf über die Äsung sowie den damit aufgenommenen Tau sicherzustellen. Dies und die Tatsache, dass man Rehwild selten schöpfen sieht, führte in der Vergangenheit auch in Jägerkreisen teilweise zu der Annahme, dass Rehwild Wasser gar nicht aktiv aufnehmen würde. Das ist aber mit Sicherheit nicht der Fall. Hat Rehwild die Gelegenheit, an Wasser zu gelangen, nimmt es dies, insbesondere in der heißen Jahreszeit, generell gern an. Doch auch beim Wasser bleiben Rehe ihrer Naschhaftigkeit treu. Ist die Wasserstelle übelriechend, was in der Regel mit einer Keimbelastung verbunden ist, meiden sie die Stücke. Nur wenn es zu einem extremen Wassermangel kommt, werden auch derartige Flüssigkeiten genutzt.


Es ist noch dunkel draußen, als mich der Wecker nach einer viel zu kurzen Nacht gegen drei Uhr weckt. Doch der Weizen wird langsam für die Sauen interessant. In den letzten Tagen kam immer wieder einer der unvorsichtigen Überläufer zur Strecke, wenn sie sich auf dem Rückwechsel allzu vertraut in der Zeit vertun. Der Großteil des notwendigen Frühjahrsabschusses beim einjährigen Rehwild ist erledigt. Die Böcke sind nun weitestgehend rot und schauen nach Rehbock aus. Mit dem einen oder anderen mehrjährigen Abschussbock liebäugle ich insgeheim, wenngleich die Aussichten auf jagdlichen Erfolg beim Rehwild ab Mitte Juni zusehends schwinden. Im Feld überwiegt die hohe Deckung der heranreifenden landwirtschaftlichen Früchte, auch einige Mähwiesen sind so hoch, dass das Reh kaum herausschaut. Im Waldrevier strotzt flächig die Naturverjüngung in den Beständen, so dass man den Eindruck hat, nur noch gegen eine grüne Wand zu schauen, wenn man die Forstwege entlangpirscht.

Wenig Bewegung 
Die Pirsch ist jetzt im Juni eigentlich auch die verkehrte Jagdart. Die Morgendämmerung sieht den Rehbock meist noch ruhend im Lager. Wildbewegung findet kaum statt. Doch gerade sie ist für die Pirsch absolut notwendig – und vor allem genug Sichtfeld, um das Wild rechtzeitig zu sehen. Doch auch damit sieht es Mitte Juni eher schlecht aus. Daher sind die Chancen noch ungleicher verteilt und die Gefahr, das Wild frühzeitig zu vergrämen, ist um diese Zeit so ziemlich am höchsten. Das Rehwild ist in ungestörten Revieren ein Spätaufsteher. Insbesondere dort, wo auch der Jagddruck seit Jahren auf die wenigen wirklich effektiven Intervalle angepasst ist, kommt meist erst eine Stunde nach Sonnenaufgang, wenn die Temperaturen merklich steigen, Bewegung ins Rehwild. Doch in der üppigen Vegetation dreht sich das Reh dreimal auf der Stelle im Kreis und ist satt.

An Äsungsrhythmus anpassen 
Wer sein Revier kennt und eine Ahnung von den Rehbockeinständen bekommt, wird nun deutlich mehr Erfolg haben, wenn er sich an den vom Rehbock bevorzugten Ecken in seinem Einstand ungestört ansetzt. Diese Plätze sollten von einer Leiter oder einem Hochsitz genügend Einblick gewähren und über gepflegte Pirschwege bequem zu erreichen sein. Der Tagesablauf eines Rehbocks sieht im Juni nicht sehr viel mehr als Äsen und Ruhen vor. Hin und wieder wird er an den Reviergrenzen nach dem Rechten sehen. Auseinandersetzungen mit anderen Rehböcken gibt es um diese Zeit häufig nicht mehr, da die Grenzen bereits fest abgesteckt sind. Wollen wir einen bestimmten territorialen Rehbock jagen, gehen wir an die Stellen mit der vielfältigsten Äsung, suchen uns bei sommerlichen Temperaturen schattige und kühle Orte möglichst mit frischem Wasser aus, wo wir auf den Bock warten. Er wird sicherlich dort am ehesten anzutreffen sein, denn er muss sich an seinen Äsungsrhythmus halten. Kleine Blößen mit entsprechendem Angebot an frischen Trieben, jungen Blättern von Brom- und Himbeere, von Waldweidenröschen und unterschiedlichen Kräutern ziehen den Bock zum Verweilen an. Vielleicht gibt es im oder am Rande des Bockeinstands auch Möglichkeiten, mit wenig Aufwand kleine Äsungsflächen mit Leguminosen und Klee-Kräuter-Gemischen anzulegen. Immer wieder kann man beim Ausloten der Ansitzmöglichkeiten frische Schlag- und Plätzstellen entdecken, die der Bock noch lange nach dem eigentlichen Fegen regelmäßig aufsucht, um hier zu markieren.

Es ist noch dunkel draußen, als mich der Wecker nach einer viel zu kurzen Nacht gegen drei Uhr weckt. Doch der Weizen wird langsam für die Sauen interessant. In den letzten Tagen kam immer wieder einer der unvorsichtigen Überläufer zur Strecke, wenn sie sich auf dem Rückwechsel allzu vertraut in der Zeit vertun. Der Großteil des notwendigen Frühjahrsabschusses beim einjährigen Rehwild ist erledigt. Die Böcke sind nun weitestgehend rot und schauen nach Rehbock aus. Mit dem einen oder anderen mehrjährigen Abschussbock liebäugle ich insgeheim, wenngleich die Aussichten auf jagdlichen Erfolg beim Rehwild ab Mitte Juni zusehends schwinden. Im Feld überwiegt die hohe Deckung der heranreifenden landwirtschaftlichen Früchte, auch einige Mähwiesen sind so hoch, dass das Reh kaum herausschaut. Im Waldrevier strotzt flächig die Naturverjüngung in den Beständen, so dass man den Eindruck hat, nur noch gegen eine grüne Wand zu schauen, wenn man die Forstwege entlangpirscht.

Wenig Bewegung

Die Pirsch ist jetzt im Juni eigentlich auch die verkehrte Jagdart. Die Morgendämmerung sieht den Rehbock meist noch ruhend im Lager. Wildbewegung findet kaum statt. Doch gerade sie ist für die Pirsch absolut notwendig – und vor allem genug Sichtfeld, um das Wild rechtzeitig zu sehen. Doch auch damit sieht es Mitte Juni eher schlecht aus. Daher sind die Chancen noch ungleicher verteilt und die Gefahr, das Wild frühzeitig zu vergrämen, ist um diese Zeit so ziemlich am höchsten. Das Rehwild ist in ungestörten Revieren ein Spätaufsteher. Insbesondere dort, wo auch der Jagddruck seit Jahren auf die wenigen wirklich effektiven Intervalle angepasst ist, kommt meist erst eine Stunde nach Sonnenaufgang, wenn die Temperaturen merklich steigen, Bewegung ins Rehwild. Doch in der üppigen Vegetation dreht sich das Reh dreimal auf der Stelle im Kreis und ist satt.

An Äsungsrhythmus anpassen

Wer sein Revier kennt und eine Ahnung von den Rehbockeinständen bekommt, wird nun deutlich mehr Erfolg haben, wenn er sich an den vom Rehbock bevorzugten Ecken in seinem Einstand ungestört ansetzt. Diese Plätze sollten von einer Leiter oder einem Hochsitz genügend Einblick gewähren und über gepflegte Pirschwege bequem zu erreichen sein. Der Tagesablauf eines Rehbocks sieht im Juni nicht sehr viel mehr als Äsen und Ruhen vor. Hin und wieder wird er an den Reviergrenzen nach dem Rechten sehen. Auseinandersetzungen mit anderen Rehböcken gibt es um diese Zeit häufig nicht mehr, da die Grenzen bereits fest abgesteckt sind. Wollen wir einen bestimmten territorialen Rehbock jagen, gehen wir an die Stellen mit der vielfältigsten Äsung, suchen uns bei sommerlichen Temperaturen schattige und kühle Orte möglichst mit frischem Wasser aus, wo wir auf den Bock warten. Er wird sicherlich dort am ehesten anzutreffen sein, denn er muss sich an seinen Äsungsrhythmus halten. Kleine Blößen mit entsprechendem Angebot an frischen Trieben, jungen Blättern von Brom- und Himbeere, von Waldweidenröschen und unterschiedlichen Kräutern ziehen den Bock zum Verweilen an. Vielleicht gibt es im oder am Rande des Bockeinstands auch Möglichkeiten, mit wenig Aufwand kleine Äsungsflächen mit Leguminosen und Klee-Kräuter-Gemischen anzulegen. Immer wieder kann man beim Ausloten der Ansitzmöglichkeiten frische Schlag- und Plätzstellen entdecken, die der Bock noch lange nach dem eigentlichen Fegen regelmäßig aufsucht, um hier zu markieren.


Ob meine Prägung, meine Erziehung oder schlichtweg nur Gewohnheit dafür verantwortlich sind? Ich kann es nicht sagen. In jedem Fall jage ich auf den alten Bock lieber, wenn ihn eine rote, sommerliche Decke ziert. Und am allerliebsten, ganz klar, tu ich das an einem schwülen Augusttag mit dem Blatter in der Hand. Liegt er hingegen grau – oder vielmehr struppig – im Haarwechsel auf der Strecke, empfinde ich es, als läge der Bock nicht in voller Würde und Schönheit vor mir. In anderen Gegenden Europas wie unserem deutschen Nachbarland, wo Jagdkultur normalerweise sehr hoch angeschrieben wird, nimmt man dies bekanntlich ja nicht mehr ganz so genau. Angefeuert durch die ehrgeizige Idee, den Wald nun endgültig von der Geißel der verbeißenden und schälenden Forstschädlinge zu befreien, würde meine Vorliebe dort wohl überhaupt keinen Anklang mehr finden. Denn dort wird der Bock teilweise ganzjährig, egal ob abgeworfen oder im Bast, auf seine graue Decke gelegt. Aber auch in unserem pannonischen Nachbarland werden die Böcke vorwiegend im Frühling erlegt. Dort hat diese Tradition in der landwirtschaftlichen Ebene vor allem praktische Hintergründe. Später im Jahr wäre mein Lieblingswild in der hohen Frucht schlichtweg nicht mehr zu finden. Zugegeben, man muss in der Geschichte nicht weit zurückgreifen, in eine Zeit, als der Trophäe weit weniger Bedeutung beigemessen wurde, wo dies auch bei uns so war. Entweder weil schlichtweg die Wildbret- bzw. Nahrungsgewinnung Antrieb zur Jagd war oder weil, rückblickend weniger ehrenhaft, herrschaftliches Streben nach großen Jagdstrecken, ebenfalls anfangs ohne Interesse an der Trophäe, vorherrschte. Erst im Laufe des letzten Jahrhunderts änderte sich der Fokus in Richtung eines wahren Trophäenkults, dem alles andere Schöne an der Jagd nahezu untergeordnet wurde. Heute wächst wieder ein durchwegs ausgewogenes Verhältnis zu Krickeln, Geweihen und Krucken. Man erfreut sich an einer außergewöhnlichen, vielleicht starken oder abnormen Trophäe, doch ist sie längst nicht mehr alleiniger Antrieb zur Jagd und auch die schwierige Erlegung eines passenden, nicht trophäentragenden Stücks erfüllt uns mit Stolz. Wir haben uns weiterentwickelt und können uns auch wieder mit all den anderen schönen Facetten der Jagd motivieren und darin Antrieb zu unserem Tun finden.

Ob meine Prägung, meine Erziehung oder schlichtweg nur Gewohnheit dafür verantwortlich sind? Ich kann es nicht sagen. In jedem Fall jage ich auf den alten Bock lieber, wenn ihn eine rote, sommerliche Decke ziert. Und am allerliebsten, ganz klar, tu ich das an einem schwülen Augusttag mit dem Blatter in der Hand. Liegt er hingegen grau – oder vielmehr struppig – im Haarwechsel auf der Strecke, empfinde ich es, als läge der Bock nicht in voller Würde und Schönheit vor mir. In anderen Gegenden Europas wie unserem deutschen Nachbarland, wo Jagdkultur normalerweise sehr hoch angeschrieben wird, nimmt man dies bekanntlich ja nicht mehr ganz so genau. Angefeuert durch die ehrgeizige Idee, den Wald nun endgültig von der Geißel der verbeißenden und schälenden Forstschädlinge zu befreien, würde meine Vorliebe dort wohl überhaupt keinen Anklang mehr finden. Denn dort wird der Bock teilweise ganzjährig, egal ob abgeworfen oder im Bast, auf seine graue Decke gelegt. Aber auch in unserem pannonischen Nachbarland werden die Böcke vorwiegend im Frühling erlegt. Dort hat diese Tradition in der landwirtschaftlichen Ebene vor allem praktische Hintergründe. Später im Jahr wäre mein Lieblingswild in der hohen Frucht schlichtweg nicht mehr zu finden. Zugegeben, man muss in der Geschichte nicht weit zurückgreifen, in eine Zeit, als der Trophäe weit weniger Bedeutung beigemessen wurde, wo dies auch bei uns so war. Entweder weil schlichtweg die Wildbret- bzw. Nahrungsgewinnung Antrieb zur Jagd war oder weil, rückblickend weniger ehrenhaft, herrschaftliches Streben nach großen Jagdstrecken, ebenfalls anfangs ohne Interesse an der Trophäe, vorherrschte. Erst im Laufe des letzten Jahrhunderts änderte sich der Fokus in Richtung eines wahren Trophäenkults, dem alles andere Schöne an der Jagd nahezu untergeordnet wurde. Heute wächst wieder ein durchwegs ausgewogenes Verhältnis zu Krickeln, Geweihen und Krucken. Man erfreut sich an einer außergewöhnlichen, vielleicht starken oder abnormen Trophäe, doch ist sie längst nicht mehr alleiniger Antrieb zur Jagd und auch die schwierige Erlegung eines passenden, nicht trophäentragenden Stücks erfüllt uns mit Stolz. Wir haben uns weiterentwickelt und können uns auch wieder mit all den anderen schönen Facetten der Jagd motivieren und darin Antrieb zu unserem Tun finden.


Mein Gastgeber meinte, ’s Mul soll ich halten (deutsch: das Maul). Das klingt derb, ja fast beleidigend, ist aber im Alemannischen eher vertraulich gemeint. Der Satz kann den damit Bedachten ins Vertrauen ziehen, kann signalisieren, dass man ihm vertraut. Schweigen sollte ich über den kleinen Restbestand an Auerwild, den mein Gastgeber als Waldbesitzer und Jagdrechtsinhaber der Welt samt ihrer Wissenschaft verschwieg. Er und schon sein Vater mussten sich im Laufe der Jahre so viele Empfehlungen wie mehr oder weniger deutliche Ermahnungen anhören, dass er das Schweigen über gewisse Dinge der Veröffentlichung vorzog.

Als er der Pflanzung weitgehend reiner Fichtenbestände abschwor, erntete er Kopfschütteln. Als die Jungbauern in der Landwirtschaftsschule lernten, die Tanne sei minderwertig und schwer verkäuflich, begann er sie zu schützen. Und als Bergahorn & Co. noch gnadenlos ins Brennholz geschnitten wurden, begann er diese als wertvolle Zukunftsbäume zu fördern und zu pflegen. Als er mich das erste Mal anrief, fiel beiläufig auch das Wort Auerwild.

Nun war ich für drei Tage Gast auf seinem Hof, durfte mir den Wald anschauen und zwei Morgen in der Früh mit ihm auf den Hahn gehen. Die Raufußhühner sind im Schwarzwald seit rund einem halben Jahrhundert tabu, ebenso wie die Murmel im schmalen bayerischen Alpenstreif. Dennoch ging es mit dem Symbolvogel des schwarzen Waldes kontinuierlich bergab. Wildbiologen forschten. Unis schickten Studenten und Doktoranden. Forstleute erstellten Konzepte für einen wieder etwas auerwildfreundlicheren Wald. Auch die Jagd meldete sich, vor allem mit dem Uraltrezept der Beutegreiferregulation, später umbenannt in Prädatorenmanagement, ein Rezept, das alle anderen in ihre eigenen Vorschläge mit einbauten.

Noch war finstere Nacht. Alles still, nur ab und zu ein sanftes, kaum wahrnehmbares Seufzen in den Kronen. Georg – wir waren rasch beim vertraulicheren Du – hatte mir die Situation, noch im Auto sitzend, erklärt. Wir wollten keinen Hahn anspringen, allenfalls in seine Nähe kommen. Die Strategie war, früh in der Nähe der drei bekannten Balzplätze zu sein, noch eine Viertelstunde im Auto zu verharren und dann möglichst geräuschlos auszusteigen. Was folgte, war eine Stehpirsch am Rande der begrünten Forststraßen. Eigentlich war es mehr ein Stehenbleiben mit gelegentlich eingefügten Schritten.

Erste Ahnung vom Beginn der Dämmerung. Erstes Perlen des Rotkehlchens, zaghafter Ansatz der Singdrossel, immer wieder einzelne Tropfen aus dem Gewipfel. Langsam bewegten wir uns weiter – Schritt für Schritt, Pause um Pause. Irgendwann Georgs vorsichtig nach hinten gestreckte Hand: Bleib stehen!

Behutsam deutete er mit dem Kopf in den Bestand. Ich hörte nichts – nichts als meinen nun voll auflaufenden Tinnitus, Ergebnis unzähliger Schüsse ohne jeden Gehörschutz. Früher ganz normal gewesen … Tiefe Frequenzen höre ich noch ganz gut, hohe kaum noch. Der Zilpzalp existiert für meine Ohren überhaupt nicht mehr, andere Arten nur noch eingeschränkt. Das Lied des Hahns ist zwar keineswegs hochfrequent, dafür aber leise und sein Klepfen vermischt sich oft mit dem frühmorgendlichen Getropfe oder mit dem Lied sickernder und rinnender Wasser.

Irgendwo unter uns, so zwischen hundert und einhundertfünfzig Meter entfernt, singe ein Hahn, meinte Georg. Ohne mich hätte er auf der Forststraße gewartet, bis der Hahn zur Bodenbalz abgeritten wäre. An diesem Morgen wollte er mir eine Freude machen. Und so sprangen –

Mein Gastgeber meinte, ’s Mul soll ich halten (deutsch: das Maul). Das klingt derb, ja fast beleidigend, ist aber im Alemannischen eher vertraulich gemeint. Der Satz kann den damit Bedachten ins Vertrauen ziehen, kann signalisieren, dass man ihm vertraut. Schweigen sollte ich über den kleinen Restbestand an Auerwild, den mein Gastgeber als Waldbesitzer und Jagdrechtsinhaber der Welt samt ihrer Wissenschaft verschwieg. Er und schon sein Vater mussten sich im Laufe der Jahre so viele Empfehlungen wie mehr oder weniger deutliche Ermahnungen anhören, dass er das Schweigen über gewisse Dinge der Veröffentlichung vorzog.

Als er der Pflanzung weitgehend reiner Fichtenbestände abschwor, erntete er Kopfschütteln. Als die Jungbauern in der Landwirtschaftsschule lernten, die Tanne sei minderwertig und schwer verkäuflich, begann er sie zu schützen. Und als Bergahorn & Co. noch gnadenlos ins Brennholz geschnitten wurden, begann er diese als wertvolle Zukunftsbäume zu fördern und zu pflegen. Als er mich das erste Mal anrief, fiel beiläufig auch das Wort Auerwild.

Nun war ich für drei Tage Gast auf seinem Hof, durfte mir den Wald anschauen und zwei Morgen in der Früh mit ihm auf den Hahn gehen. Die Raufußhühner sind im Schwarzwald seit rund einem halben Jahrhundert tabu, ebenso wie die Murmel im schmalen bayerischen Alpenstreif. Dennoch ging es mit dem Symbolvogel des schwarzen Waldes kontinuierlich bergab. Wildbiologen forschten. Unis schickten Studenten und Doktoranden. Forstleute erstellten Konzepte für einen wieder etwas auerwildfreundlicheren Wald. Auch die Jagd meldete sich, vor allem mit dem Uraltrezept der Beutegreiferregulation, später umbenannt in Prädatorenmanagement, ein Rezept, das alle anderen in ihre eigenen Vorschläge mit einbauten.

Noch war finstere Nacht. Alles still, nur ab und zu ein sanftes, kaum wahrnehmbares Seufzen in den Kronen. Georg – wir waren rasch beim vertraulicheren Du – hatte mir die Situation, noch im Auto sitzend, erklärt. Wir wollten keinen Hahn anspringen, allenfalls in seine Nähe kommen. Die Strategie war, früh in der Nähe der drei bekannten Balzplätze zu sein, noch eine Viertelstunde im Auto zu verharren und dann möglichst geräuschlos auszusteigen. Was folgte, war eine Stehpirsch am Rande der begrünten Forststraßen. Eigentlich war es mehr ein Stehenbleiben mit gelegentlich eingefügten Schritten.

Erste Ahnung vom Beginn der Dämmerung. Erstes Perlen des Rotkehlchens, zaghafter Ansatz der Singdrossel, immer wieder einzelne Tropfen aus dem Gewipfel. Langsam bewegten wir uns weiter – Schritt für Schritt, Pause um Pause. Irgendwann Georgs vorsichtig nach hinten gestreckte Hand: Bleib stehen!

Behutsam deutete er mit dem Kopf in den Bestand. Ich hörte nichts – nichts als meinen nun voll auflaufenden Tinnitus, Ergebnis unzähliger Schüsse ohne jeden Gehörschutz. Früher ganz normal gewesen … Tiefe Frequenzen höre ich noch ganz gut, hohe kaum noch. Der Zilpzalp existiert für meine Ohren überhaupt nicht mehr, andere Arten nur noch eingeschränkt. Das Lied des Hahns ist zwar keineswegs hochfrequent, dafür aber leise und sein Klepfen vermischt sich oft mit dem frühmorgendlichen Getropfe oder mit dem Lied sickernder und rinnender Wasser.

Irgendwo unter uns, so zwischen hundert und einhundertfünfzig Meter entfernt, singe ein Hahn, meinte Georg. Ohne mich hätte er auf der Forststraße gewartet, bis der Hahn zur Bodenbalz abgeritten wäre. An diesem Morgen wollte er mir eine Freude machen. Und so sprangen – "stehpirschten" – wir den Hahn an. Erst als wir uns ihm auf kaum mehr als 50 Meter genähert hatten und ihn bereits auf einem ausladenden Tannenast trippeln sahen, hörte ich ihn auch. Depression über den eigenen körperlichen Abstieg mischte sich mit Freude, doch noch einmal einen Hahn gehört zu haben.

Weiter wollten wir nicht. Ich setzte mich auf einen Sandsteinblock. Georg lehnte an einer seiner Alttannen. Ganz, ganz langsam und vorsichtig ging er mit seinem Stecken in Anschlag, kniff die Augen zusammen und ruckte – wie im Schuss – mit dem Kopf. Wir tauschten ein Lächeln aus. Er war zufrieden, weil er mir einen seiner wenigen Hahnen hatte zeigen können. Ich war glücklich, weil mir das Leben noch einmal einen solchen Morgen geschenkt hatte.

Den Hahn hielt es lange auf seinem Ast. Es wurde heller Morgen und der Buchfink – ein Spätaufsteher – schlug bereits, als sich der Hahn mit Gepolter von seinem Ast schwang und mit ausgebreiteten Schwingen schräg den Hang hinabsegelte.

Zufrieden stiegen wir wieder zum Weg hinauf. Eine Revierfahrt schloss sich an. Der Plenterbetrieb sorgte immer wieder für Lücken in der Naturverjüngung. Die bei der Fällung anfallenden Äste wurden auf Haufen getragen, eine Maßnahme, die ich von friulanischen Wäldern kannte. Sie diente dem Auerwild, das laufen will und mit der geschlossenen, lückenlosen Verjüngung wenig anfangen kann. Das Zeitalter der Zäune hatte Georg überwunden. Dort, wo sie besonders gefährdet waren, wurden Jungtannen gestrichen, aber das war eher die Ausnahme. Noch gab es genug alte Föhren in den Beständen, von deren Knospen sich die verbliebenen Auerhühner im Winter ernährten. Auf dem Boden wucherten Schwarzbeere und Heidekraut – saure Sandböden! Bei der Heimfahrt purrte oberhalb des Hofes ein Haselhahn vor uns auf.

Georg musste in den Stall, seiner Frau helfen, die Rinder zu versorgen. Ich machte es mir, Morgensonne genießend, auf der Bank beim alten, etwas abseits stehenden Backofen bequem. Müdigkeit schloss die Augen. Braunschwarzer Wälderdackel kuschelte sich freundlich an meiner Seite. Manchmal, wenn das Kreuz wehtat, ein kurzes Erwachen. Hausrotschwanz – aus dem Süden zurück – schimpfte aus dem Kirschbaum auf uns herab. Zitronenfalter, die dank körpereigener Frostschutzanlage den Winter überlebt hatten, umgaukelten uns. In den zahlreichen noch immer den alten Hof umstehenden Obstbäumen wuchsen prachtvolle Misteln.

Ich saß, dämmerte vor mich hin und träumte einen meiner uralten, lange verschollenen und nun wieder ausgegrabenen Kinderträume. Damals war der Auerhahn im Schwarzwald allgegenwärtig. Er war Namensgeber für zahllose Gasthäuser, für Apotheken und selbst Handwerksbetriebe und er war im großen, schwarzen Wald noch weit verbreitet. Kein Gedanke, dass ihm das lokale Aussterben bevorstand. Und damals ganz klar: Ich würde im Schwarzwald und sonst nirgends Förster werden. Wie das Auerwild, so starben auch meine Kinderträume.

Es gab noch einen zweiten Hahnenmorgen mit sogar zwei angegangenen Hahnen, und es gab eine Einladung zum Rehjagern im Herbst mit dem schwarzbraunen Wälderdackel. Gerne, verdammt gerne nahm ich sie an. Das Jagen dort ist ein anderes als in der neuen Heimat, ein viel freieres, eines, das sich vielerorts im Waldbild spiegelt. Um ein paar Rehe mehr muss hier keiner streiten. Aber dann führte mich der Herbst in andere, entferntere Wälder und im Folgejahr gab die Weltenbühne "Die große Panik" und war für lange, lange Zeit ausverkauft ...

"Kum halt eifach, musch nur ’s Mul halte!"

Es gibt wieder einen Kindertraum, einen reduzierten …