Rosa Sommer-Kehraus

 

Eine der ursprünglichsten vom Menschen geprägten Landschaftsformen Europas ist die Heide. Wenngleich die mageren, sauren Heideböden für den Ackerbau unbrauchbar waren, stellten sie über Jahrtausende wichtige Weideflächen, vor allem für Schafe, dar. 

 

 

 

Es waren wohl bereits jungsteinzeitliche Bauern, die vor 5000 Jahren mithilfe des Feuers den Wald zurückdrängten, um Ackerland und Weide für das Vieh zu gewinnen. Dadurch erhielten verschiedene Heidepflanzen, allen voran die Besenheide, einen idealen Lebensraum. Wenngleich die mageren, sauren Heideböden für den Ackerbau unbrauchbar waren, stellten sie über Jahrtausende wichtige Weideflächen, vor allem für Schafe, dar. Durch ganzjährige Beweidung und kontrollierte Brände blieben die Flächen waldfrei und bildeten in weiten Teilen West- und Mitteleuropas weiträumige, baumlose und von Brauntönen dominierte Heidelandschaften. Lediglich im Sommer und Frühherbst erstrahlten diese Landstriche mit der Blüte der Besenheide in leuchtendem Rosa und Violett. Während diese Kulturlandschaft um 1800 in Europa ihre größte Ausdehnung erreichte, existieren heute nur noch auf manchen Truppenübungsplätzen, in Mooren und einigen Naturschutzgebieten letzte Reliktvorkommen. Neben den Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft und dem damit verbundenen massiven Dünger­einsatz hat sich vielerorts schließlich auch der Wald sein Terrain wieder zurückgeholt. Während sich die Heide also über Jahrtausende zu einem besonderen Lebensraum entwickelte, der viele heute leider meist recht selten gewordene Tier- und Pflanzenarten beherbergt, ist ihr Erscheinungsbild vor allem von einer Pflanze geprägt – der Besenheide. Dieses Heidekraut, ein verholzender, immergrüner Zwergstrauch, liebt sonnige lichte Standorte auf kalkfreien Böden. Sie gedeiht auf Dünen und in lichten Wäldern, aber auch auf wechselfeuchten Böden in Mooren. Ähnlich wie bei der Sukzession eines Waldes durchläuft auch die Besenheide unterschiedliche Lebenszyklen, die von einer anfänglichen Pionierphase über eine Aufbauphase zu einer flächendeckenden Reifephase führen, um schließlich nach etwa 40 Jahren in einer Degenerationsphase zu enden, in der die bis zu 1 m hohen Sträucher von der Mitte her absterben. Der deutsche Name Besenheide verweist auf die frühere Verwendung der Zweige für die Besenherstellung und auch die botanische Bezeichnung „Calluna“ bedeutet, abgeleitet vom griechischen „kallyno“, so viel wie „ich reinige, fege“. Aufgrund der Widerstandsfähigkeit des Holzes wurden die Zweige auch zur Firstverkleidung reetgedeckter Dächer verwendet. Die Heide war auch in der Imkerei stets von Bedeutung, denn die blühenden Heidebestände stellten eine wichtige Bienenweide dar. Dabei stammt das Wort „Heide“ aus dem Germanischen. Es bedeutete ursprünglich „unbebautes Land“, das als „kalt“ bezeichnet wurde. Daraus entstand das althochdeutsche „haida“, das schließlich zur „Heide“ wurde. In der traditionellen Medizin findet die Besenheide bis heute als Heilpflanze Verwendung und wird dabei etwa bei Blasen- und Nierenleiden sowie bei Diabetes, Rheuma und Gicht eingesetzt. Als Zierpflanze mit unterschiedlichsten Färbungen der Blüten und Blätter werden heute bis zu 10.000 Sorten kultiviert und angeboten. So stellt die Besenheide nicht nur die Charakterart einer der ursprünglichsten Kulturlandschaften Europas dar, sondern ist neben ihrer Bedeutung für und der Nutzung durch den Menschen vor allem auch zentraler Bestandteil einer Lebensgemeinschaft, die geprägt ist durch das Vorkommen zahlreicher heute leider oft schon recht selten gewordener Tier- und Pflanzenarten – der Heide.