Auf eigenen Wächseln und Pässen

 

Für viele heimische Wildtiere ist nun die Zeit gekommen, das elterliche Streifgebiet zu verlassen. Denn aus den Geschwistern und Weggefährten des Sommers sind nun Konkurrenten geworden. Je nach Tierart lassen sich zum Teil deutliche individuelle Unterschiede bezüglich der sogenannten Dispersion feststellen.

 

 

 

Der Herbst hat nun merklich Einzug gehalten. Die Temperaturen fallen und die Zugvögel haben sich bereits gen Süden aufgemacht. Die, die hierbleiben, legen nun Reserven für den nahenden Winter an. Beim heimischen Haarwild verhält sich das nicht viel anders.

 

Gründe für die Abwanderung

Die Gründe für die Abwanderung sind vielfältig. Sie dient zum einen der Vermeidung von Inzucht. Dadurch, dass ein Geschlecht abwandert, wird die Verpaarung mit engen Verwandten vermieden. Beim Fuchs ist beispielsweise aber auch Konkurrenz um Ressourcen ein zentraler Beweggrund. Ein eigenes Revier sichert Zugang zu Nahrung und Fortpflanzungspartnern. Da beim Fuchs die Mortalität in den ersten beiden Lebensjahren sehr hoch ist und nur etwa 20 % diesen Zeitraum überleben, ist die Wahrscheinlichkeit gering, sich mehr als einmal im Leben zu reproduzieren. Das bedeutet, dass im Fuchsbestand ein erheblicher Druck herrscht, schnell ein eigenes Territorium zu etablieren. Der erste Schritt zum neuen Revier erfolgt mit dem Prozess der Abwanderung aus dem elterlichen Territorium, der bereits im August beginnt und bis in den Dezember hinein andauert. Dieser Prozess ist gekennzeichnet von stärkeren internen Aggressionen und Auseinandersetzungen. Bezüglich Abwanderung lassen sich verschiedene Typen identifizieren. So wandert ein Teil der Füchse unvermittelt innerhalb einer Nacht ab, ohne jemals wieder zurückzukehren. Ein anderer Teil besetzt ein kleines Territorium in der Nähe des elterlichen Reviers und dehnt es dann allmählich aus. Wieder andere wandern weiter ab, kehren jedoch noch eine Zeit lang regelmäßig in das elterliche Streifgebiet zurück. Generell gilt, dass, je geringer die Fuchsdichten in einem Lebensraum sind, desto größer die jeweilige Abwanderungsdistanz ist. Entscheidend dafür ist wiederum die jeweilige Ressourcenausstattung des Reviers. In Skandinavien untersuchte man die Abwanderung von Füchsen an der Grenze zwischen zwei Lebensräumen. Dabei waren die Abwanderungsentfernungen in den nahrungsreichen Süden deutlich geringer als in den weitgehend ausgeräumten Norden.

 

 

Dachs: "My home is my castle"

Dachse zeigen bei mittleren und hohen Dichten eine geringe Tendenz zur Abwanderung. Kommt es dennoch dazu, überbrücken die Wanderer oft nur geringe Distanzen. Nicht selten wechseln sie einfach nur in ein benachbartes Territorium. Bemerkenswert ist dabei, dass sie dann Teil eines anderen Dachsclans werden. Die Abwanderung kann dabei als ein sehr allmählicher Prozess aufgefasst werden. Die Tiere pendeln zunächst nachts in das neue Territorium. Erst nach einer gewissen Phase beginnen sie gelegentlich auch die Tage dort zu verschlafen. Bis die Tiere dauerhaft Zeit im neuen Territorium verbringen, kann es bis zu einem halben Jahr dauern. Zumeist begeben sich Dachse dabei allein auf die „Reise“. Es gibt aber auch Beobachtungen, die dokumentieren, dass zeitgleich mehrere Dachse auf Wanderschaft gehen. Zumeist erfolgt dies, um die eigenen Fortpflanzungschancen zu erhöhen (breeding oportunities hypothesis). Denn es ist die Tendenz feststellbar, dass bevorzugt dann abgewandert wird, wenn bei den Nachbarn entsprechende Lücken entstanden sind.  

 

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