Quelle des Lebens

 

Ohne Wasser kommen auch Wildtiere nicht aus. Heimische Arten wie das Rehwild können einen Gutteil des Wasserbedarfs in der Vegetationszeit jedoch über die aufgenommene Äsung decken. Es gibt aber auch Arten mit noch viel raffinierteren Tricks.

Von Konstantin Börner

 

Grundsätzlich übernimmt Wasser zahlreiche überlebensnotwendige Funktionen. Es dient im Körper als Lösungs- und Transportmittel, reguliert den Zelldruck sowie die Körpertemperatur und ist an den meisten Stoffwechselvorgängen beteiligt. Die regelmäßige Zufuhr von Wasser muss daher fortwährend gewährleistet sein. Bereits der Verlust von zehn Prozent Wasser in einem Organismus kann zu schweren Störungen führen.

 

Wasserbedarf ist individuell

Die Wasseransprüche einzelner Tierarten sind durchaus abweichend. Rinder zum Beispiel benötigen bis zu zehn Prozent des eigenen Körpergewichts an Wasser pro Tag. Bei unseren Wildarten kann man als Faustregel davon ausgehen, dass sie je nach Bedingungen etwa 50 bis 100 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht benötigen. Nehmen wir beispielsweise für ein Reh ein Lebendgewicht von 20 Kilogramm an, dann ergibt sich daraus ein Bedarf von etwa einem bis zu zwei Litern. Bei einer täglichen Äsungsaufnahme von bis zu vier Kilogramm, welche einen Wasseranteil zwischen 40 bis 90 Prozent besitzt, ist es demnach prinzipiell in der Lage, seinen Wasserbedarf über die Äsung sowie den damit aufgenommenen Tau sicherzustellen. Dies und die Tatsache, dass man Rehwild selten schöpfen sieht, führte in der Vergangenheit auch in Jägerkreisen teilweise zu der Annahme, dass Rehwild Wasser gar nicht aktiv aufnehmen würde. Das ist aber mit Sicherheit nicht der Fall. Hat Rehwild die Gelegenheit, an Wasser zu gelangen, nimmt es dies, insbesondere in der heißen Jahreszeit, generell gern an. Doch auch beim Wasser bleiben Rehe ihrer Naschhaftigkeit treu. Ist die Wasserstelle übelriechend, was in der Regel mit einer Keimbelastung verbunden ist, meiden sie die Stücke. Nur wenn es zu einem extremen Wassermangel kommt, werden auch derartige Flüssigkeiten genutzt.

 

 

Diverse Wege, um Wasser zu sparen

Wer wenig Wasser zur Verfügung hat, ist gezwungen, damit zu haushalten. Auch Wildtiere haben diesbezüglich Sparmechanismen entwickelt. So schützt ihre Decke bzw. Schwarte oder Balg nicht nur effektiv vor Kälte, sondern ebenso vor Wärme und Austrocknung. Aber auch das Verhalten kann Wasserverlust vermeiden helfen. Zum Beispiel wenn es zu einer Verlagerung der Aktivitätsphasen in die Nacht kommt. Bei Rehen ist bekannt, dass die Blattzeit in besonders heißen Sommern in die dunkle und kühlere Tagesphase gelegt wird. Grundsätzlich kann sich die Raumnutzung infolge starker Hitze verändern. Wie auch bei großer Kälte werden die Tiere dann inaktiver und suchen kühlere Plätze auf. Selbst die robusten Sauen meiden nun die offene Feldflur und ziehen sich, wo es möglich ist, in den Wald zurück. Ist ein Revier wasserarm oder gar -leer, kann es sogar zu Streifgebietsverlagerungen kommen. Neben Verhaltensanpassungen existieren aber auch physiologische Anpassungen, die im Sinne der Wassereinsparung stehen. Es gibt Arten, die über extrem leistungsfähige Nieren verfügen. Der Harn wird dabei sehr stark konzentriert und der Wasserverlust auf diese Weise begrenzt. Kamele geben täglich etwa nur etwa einen Liter Harn ab, während Pferde bei vergleichbarer Größe etwa zehn Liter abgeben. Noch sparsamer ist es, wenn überschüssige Stickstoffverbindungen mithilfe von Harnsäure entfernt werden. Dafür wird je Gramm Stickstoff lediglich ein Milliliter Wasser benötigt. Beim Harnstoff sind es 50. Vögel und Reptilien nutzen diese Form der Ausscheidung und sparen auf diese Weise Wasser sehr effizient. Das Fehlen von Wasser kann sich indirekt aber auch in Form von sich verändernder oder gar ausbleibender Vegetation äußern. In einer namibianischen Untersuchung wurde erforscht, wie sich Oryxantilopen mit anhaltenden Dürreperioden zurechtfinden. Kommt es zu einer langen Trockenheit mit Tagestemperaturen von bis zu 50° C, verlanden Wasserstellen und Flüsse. In manchen Teilen regnet es bisweilen monate- oder gar jahrelang nicht. Im Zusammenhang mit dem Ausbleiben von Niederschlägen kommt es zu Verschiebungen in den Artenzusammensetzungen der Flora. Der Äsungsdruck auf bestimmte Pflanzen steigt nun deutlich an und verschärft die Situation zusätzlich. Bei Untersuchungen zeigte sich, dass Oryx, die sich unter günstigen Bedingungen von Gräsern und Sukkulenten ernähren, ihre Ernährung zur Trockenzeit umstellen. Denn dann greifen sie sogar auf den giftigen Damara-Milchbusch zurück. Bis zu 25 % des Nahrungsbedarfs wird so durch diese Pflanze gedeckt, die in dieser Phase auch erheblich zum Flüssigkeitshaushalt beiträgt. Die Forscher vermuten, dass von den Tieren dann kein zusätzliches Wasser aufgenommen werden muss. Welche Konsequenzen das Gift für die Oryx haben könnte, ist bislang unbekannt. Die Antilopen bedienen sich aber noch eines weiteren Tricks, indem sie die Körpertemperatur erhöhen. Das erscheint zunächst widersprüchlich, jedoch lassen sich durch den Temperaturanstieg des Körpers Verdunstungsverluste effektiv begrenzen. Die Körpertemperatur kann dabei auf bis zu 45° C ansteigen. Für andere Säugetiere würde dieser Wert zum Tod führen.

 

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