Der Laut und seine Bedeutung

 

 

 

Für verschiedene Jagdarten hat sich der laut jagende Hund als unverzichtbar erwiesen, doch bei Weitem nicht alle Hunde geben auch Laut. Bis zu einem gewissen Grad kann hier die Einarbeitung helfen,  doch stumme Hunde bleiben meist auf Dauer stumm.

 

Mein Drückjagdbock steht an einer Schneise mitten in der Dickung. Von rechts kommt langsam, aber deutlich Hundelaut auf mich zu – ich greife zur Waffe und gehe in Voranschlag. Plötzlich trollen Sauen über die Schneise – auf die zweite werde ich fertig und lasse fliegen. Der Frischling verschwindet links im Jungwuchs. Es ging sehr schnell. Habe ich getroffen? Das helle Hundegeläut kommt näher, eine Bracke arbeitet mit tiefer Nase Laut gebend die Schneise auf der Fährte. Kurz darauf wird der Laut tiefer, ertönt Schlag auf Schlag. Aus „Jiff-jiff-jiff“ wird „Hau-hau-hau“. Standlaut? Totverbellen? Kurz darauf erscheint der Hundeführer, wir winken uns kurz zu und er verschwindet in Richtung des Lautes. Anschließend ertönt ein „Weidmannsheil“ aus dem Gebüsch – der Frischling liegt. Ohne die akustische Ankündigung des Hundes wäre ich nicht so schnell fertig geworden – der Jagderfolg ist auch dem Einsatz spurlauter Hunde zu verdanken.

 

Akustische Hilfestellung

Am Laut kann sich der Jäger orientieren, er weiß, wo der Hund ist. Beispiele für die laute Jagd sind die klassische Brackade auf Fuchs oder Hase, die Parforce- oder Hetzjagden vergangener Jahrhunderte, der Riegler im Gebirge oder auch die Arbeit mit Elchhunden, die das gefundene Wild stellen und verbellen. Auch für die Nachsuche auf verletztes Wild ist der Laut bei der Hatz notwendig. Doch warum geben Hunde Laut, wo doch der Urahn Wolf ein stummer (Hetz-)Jäger ist? Die Kommunikation bei Hunden und Wölfen umfasst akustische sowie optische, gestische, mimische und olfaktorische Komponenten. Die akustischen Anteile sind nicht ausschließlich der Laut, also Bellen, sondern auch Knurren, Winseln, Brummen oder Heulen. Der Grund für den Laut liegt in der jahrhundertelangen Domestikation durch und mit den Menschen. Der Mensch und der Hund haben gelernt, dass der gemeinsame Erfolg bei verschiedenen Jagdarten höher ist, wenn der Hund Laut gibt. Folglich wurde so bei verschiedenen – nicht allen – Hunderassen gezielt auf das Merkmal „Laut“ gezüchtet. Grundsätzlich scheint das Lautgeben eine Kombination aus genetischer Veranlagung, dem Witterungsreiz der Fährte, der Nasenleistung und der individuellen Reizschwelle des Hundes zu sein.

 

Welche Arten von Laut gibt es überhaupt?

Der stumme Hund gibt weder auf der Fährte oder der Spur Laut – er ist stumm. Vor allem bei den Vorstehhunderassen war der Laut nicht erwünscht, denn er sollte ja das Wild anzeigen und nicht durch Lautgeben vertreiben. Der Sichtlaut bezeichnet das Lautgeben hinter Wild, solange der Hund dieses sehen kann. Der Laut wird durch den Anblick – also durch optischen Reiz – ausgelöst. Ist das Stück außer Sichtweite, verstummt auch das Gebell. Der Spur- oder Fährtenlaut ertönt, wenn der Hund mit tiefer Nase eine recht frische Spur (Fuchs/Hase) bzw. Fährte (Schalenwild) arbeitet. Hier ist der Auslöser der Geruch – also der olfaktorische Reiz. Etwas zur Verwirrung trägt die Tatsache bei, dass die Brackenjäger grundsätzlich nur vom Spurlaut reden, egal um welche Wildart es sich handelt. Als weidlaut werden schließlich Hunde bezeichnet, die Laut geben, obwohl sie nachweislich keine Spur oder Fährte arbeiten. Der auslösende Sicht- bzw. Witterungsreiz fehlt – sie bellen, weil es schön ist, auf der Welt zu sein. Solche Individuen sind für Drückjagden nicht geeignet. Der sogenannte Baulaut wird als Sonderfall des Weidlautes gesehen. Hierbei gibt der Erdhund im Bau Laut, obwohl dieser leer ist. Zwischen den hier klar getrennten Lautarten sind auch Übergänge möglich. Als Standlaut bezeichnen wir das recht tiefe Bellen, wenn der Hund Wild gestellt hat und versucht, es am Platz zu binden, bis er Unterstützung durch seinen Führer bekommt. Schließlich kennen wir noch das „Totverbellen“ – es ist sehr eng mit dem Standlaut verwandt und auch noch oft Bestandteil des Faches „Schweißarbeit“ bei Hundeprüfungen. Die stummen Vertreter konnten stattdessen das Fach „Totverweisen“ wählen.

 

Faustregeln für Hundeführer

Der leider kürzlich verstorbene Kynologe Bernd Krewer fasste seine Erfahrungen folgendermaßen zusammen:

–   Ist ein Hund auf Hasenspur laut, dann
ist er es auch auf Schalenwild. Andersherum muss das nicht immer der Fall sein.

– Es gibt auch wildartspezifischen Laut,
  z. B. ist ein Hund auf Reh, Muffel und Rotwild laut, aber nicht zwangsläufig auch auf Schwarzwild.

– Ein fährtenlauter Hund ist auch immer sichtlaut, ein sichtlauter Hund aber nie spur- oder fährtenlaut.

Oft werden der Spurlaut und der Weidlaut mit einer „niedrigen Reizschwelle“ und damit gleichzeitig mit einer Wesensschwäche oder gar einem Wesensmangel in Verbindung gebracht. Da mag beim Weidlaut noch etwas dran sein. In der Praxis ist dies beim Spurlaut meines Erachtens deutlich zu kurz gedacht. Ich kenne viele spurlaute Hunde, die „in sich ruhen“ und gut zu haben sind, genauso wie es genügend Beispiele für stumme oder sichtlaute Jagdhunde gibt, die ein recht nervöses oder unruhiges Wesen zeigen. Auch die Aussage „Spurlaute Hunde haben weniger Schärfe“ – kolportiert vor allem aus dem Vorstehhundelager – ist als Verallgemeinerung grober Unfug.

 

Einarbeiten des Hundes

Die Anlage zum Lautgeben ist genetisch verankert – so gibt es bei v. a. den Bracken recht selten Individuen, die nicht laut sind. Stumme oder weidlaute Individuen werden von der Zucht konsequent ausgeschlossen. Der genetisch verankerte Spurlaut „erscheint“ bei Junghunden mit etwa sechs bis neun Monaten und kann z. B. beim Ansetzen auf einer Hasen- oder Fuchsspur entsprechend trainiert und gefördert werden. Auch ist es möglich, den Hund nur auf eine spezielle Wildart einzujagen, meist Schwarzwild. Dieser gibt dann eben nur auf „seiner“ Wildart Laut und ignoriert Rehwild. Das ist wiederum eine Sache der Einarbeitung und nicht des Lautes. Dagegen bleibt ein stummer Hund ein stummer Hund – egal wie oft wir trainieren. Stumme Hunde, vor allem wenn sie hochläufig und entsprechend schnell sind, sind im praktischen Einsatz auf Bewegungsjagden äußerst kritisch zu sehen: Sie „kündigen sich nicht an“ – weder dem Jäger noch dem Wild. Das Wild kann sie nicht orten, sondern wird plötzlich überrumpelt. Häufig wird das Wild dabei vom Hund gefasst oder flieht panisch, so dass es entsprechend schwerer ist, eine saubere Kugel anzutragen. Hier sind wir dann schon im Bereich der Hetzjagd, welche per se verboten ist. Eine Auswertung von MADES hat ergeben, dass bei den klassischen Schweißhunderassen nach einer Hatz die „stummen“ Hunde die Nase im Vergleich zu den lauten Hunden etwas vorne haben. Logisch – der Überraschungseffekt schlägt hier durch. Bei vielen Hunderassen, wie z. B. im klassischen Vorstehhundelager, ist die Anlage zum Laut bei Weitem nicht so stark genetisch verbreitet. Woher auch, es war ja bisher kein erklärtes Zuchtziel. Hier finden wir meist nur den „Sichtlaut“ – wenn überhaupt. Zudem wurde früher die Anlage zum Lautgeben – weil eben nicht erwünscht – durch entsprechende „Gehorsamsdressur“ zusätzlich unterdrückt. Nachdem diesen Rassen durch die sinkenden Niederwildbestände die klassischen Arbeitsfelder wegbrechen, werden neue Aufgabenfelder gesucht – oft eben nun der Einsatz auf Drückjagden. Für einen gesetzeskonformen Einsatz hierbei wird jedoch ein Lautnachweis verlangt. Bei den entsprechenden Prüfungen zeigt sich aber, dass nur rund die Hälfte der vorgestellten Hunde den Anforderungen genügen. Sichtlaut reicht für eine Drückjagd eben nicht, da nicht im übersichtlichen Gelände, sondern im Wald und in Einstandsdickungen gearbeitet wird.