Mythen und Naturgeschichten

 

 

Flötender Singvogelschreck

Der Sperlingskauz erbeutet Kleinsäuger vom Ansitz aus, Singvögel bevorzugt in einem Überraschungsangriff. Ganz typisch ist sein tonleiterartiger Ruf, den man in der Dämmerung häufig hört.

 

 

 

Mit knapp 20 cm Körpergröße stellt der Sperlingskauz die kleinste der in Mitteleuropa heimischen Eulenarten dar. Der Eulenzwerg bewohnt vor allem die borealen Nadelwälder von Skandinavien bis Ostsibirien, kommt in größeren Verbreitungsinseln aber auch weiter südlich von Ostfrankreich über die Alpen, den Bayerischen Wald bis zu den Karpaten hin vor. In seiner Lebensweise nimmt der Sperlingskauz eine ganz besondere Rolle unter den Eulen ein. Die Vögel sind nämlich kaum nachtaktiv, sondern nutzen vor allem die Dämmerung am Abend und morgens sowie bei trübem Wetter auch den ganzen Tag zur Nahrungssuche.

Starengroß und zu raschen und wendigen Flugmanövern fähig, jagen sie neben Kleinsäugern wie Mäusen, Spitzmäusen und Lemmingen vor allem auch Singvögel. Während Mäuse vom Ansitz aus erbeutet werden, setzt der Sperlingskauz bei Vögeln auf den Überraschungsangriff und die Verfolgungsjagd. Die Nacht meidet er wohl nicht zuletzt deshalb, um nicht selbst der größeren Eulenverwandtschaft zum Opfer zu fallen. Der einheitlich dunkle graubraune Kauz trägt am Hinterkopf helle Flecken, die bei bestimmten Lichtverhältnissen augengleich erscheinen. Die Bedeutung dieses „Occipitalgesichts“ ist bislang unklar, es könnte aber möglicherweise der Feindvermeidung dienen. Typisch für diese agile Kleineule sind auch das „Schwanzdrehen“ und „Schwanzstelzen“, Verhaltensweisen, die besonders bei Erregung oder nach einem Ortswechsel gezeigt werden und die dabei etwas an den nervösen Zaunkönig erinnern. Sperlingskäuze leben in einer monogamen Saisonehe und sind streng territorial. Neben der Frühlingsbalz findet bereits im September und Oktober die Herbstbalz statt, die der Reviergründung dient. Von exponierten Sitzwarten aus trägt das Männchen dabei die markanten, hell flötenden auf „üü“ klingenden und weit hörbaren Einzellaute vor, die zum Teil tonleiterartig ansteigen, um sich am Ende der Strophe schließlich zu überschlagen. Zahlreiche Singvögel, allen voran die Tannenmeise, reagieren auf die Rufe ihres Todfeindes oft recht hektisch, weshalb zum Nachweis dieser Eulenart in einem Gebiet zuweilen Klangattrappen eingesetzt werden. Sperlingskäuze bevorzugen naturnahe Nadelwälder mit ausreichendem Alt- und Totholzbestand, wobei sie für die Brut auf das Vorhandensein von Spechthöhlen angewiesen sind.

Während der Sperlingskauz in Kärnten früher auch als „Beckl“ bezeichnet wurde, leitet sich sein wissenschaftlicher Name „Glaucidium passerinum“ einerseits vom griechischen „glaukidion“ ab, was so viel wie „kleine Eule“ bedeutet, und verweist mit dem lateinischen „passerinus“ andererseits auf die geringe „sperlingsgleiche“ Größe dieser besonderen Kleineule.

Markus Zeiler