Speise der Pharaonen

Die Stockente gilt als Vorfahre der domestizierten Enten. Schon sehr früh wurde diese bejagt und sogar als Grabbeigabe gefunden. Die große Bedeutung ihres Wildbrets steht hier wohl außer Frage.

Der Durchschnittskonsument kennt die Stockentenpärchen in städtischen Gewässern und die knusprige Ente im Chinarestaurant – und natürlich Donald Duck und seine Verwandten. Das ist alles interessant, Jägerinnen und Jäger wissen aber mehr:  Enten gehören zur Ordnung der Gänsevögel, sind also mit Gans und Schwan verwandt. Wildenten sind gemeinsam mit den Fasanen das am häufigsten erlegte Wasserwild in Österreich. 2017/18 waren es etwa 51.000 Stück. Der typische Vertreter, die Stockente, ist auch der Vorläufer der europäischen domestizierten Enten. 

 

Auf Kerntemperatur achten

Vor der kulinarischen Verwertung stellt sich natürlich die Frage nach der gesundheitlichen Unbedenklichkeit: Wassergeflügel wird oft mit pathogenen Bakterien, besonders Salmonellen, in Verbindung gebracht. In einer neuen Studie aus Süddeutschland (Thierfelder et al., 2019) wurden bei einer von 161 erlegten Enten Salmonellen gefunden, das Tier hatte aber deutliche Leberveränderungen, d.h., beim Ausweiden würde diese bedenkliche Auffälligkeit festgestellt. Campylobacter – der mittlerweile häufigste Erreger bakteriell bedingter lebensmittelübertragener humaner Durchfallerkrankungen – wurde häufiger nachgewiesen; aus britischen Studien weiß man aber, dass Wildvögel weniger als 5 % Anteil an humanen Campylobacteriosen haben. Die Enten zeigen keine Symptome; anders ist es bei der sogenannten „rice breast disease“: Hier sind weiße-gelbliche, etwa reiskorngroße Einlagerungen in der Brustmuskulatur zu sehen. Es sind dies Zwischenstadien (Sarkosporidienzysten) eines Parasiten der Fleischfresser. Nicht gesundheitsschädlich, aber unappetitlich. Man fragt sich nun natürlich, ob die Entenbrust wirklich als „Entenbrust barbarie“  zubereitet werden muss. Die Antwort ist einfach: Wenn man Fleischkerntemperaturen von 62 bis 65° C über mehrere Minuten hält, dann ist die nicht vollständig durchgegarte Zubereitung vertretbar.

Worin besteht nun die Qualität des Wildentenfleisches? Interessanterweise hat die vermehrte Nachfrage nach Teilstücken und nicht mehr nach ganzen Mastenten in den letzten zehn Jahren die Forschung auch bei Wildenten angekurbelt. Zu jagdlich erlegten Stockenten gibt es zwei neue Arbeiten aus Polen (Janiszewski et al., 2018; Krempa et al., 2019). Bei einem Tierkörpergewicht (unausgeweidet) von etwa 1,1 kg waren etwa 40 bis 41 % Muskelfleisch, zusammen mit den Organen liegt der Anteil essbarer Gewebe sogar bei 60 %. Die Brust- und Beinmuskeln machen übrigens etwa 70 % der Muskulatur aus. In der Praxis sind die Prozentsätze durch die Schusswunden aber eventuell niedriger. Das Brustfleisch ist mit etwa 23,6 % Eiweiß und weniger als 1 % Fett ein hochwertiges Lebensmittel, und im intramuskulären Fett ist das Verhältnis der sogenannten Omega-6 zu den Omega-3-Fettsäuren mit etwa 3:1 optimal. Das Fleisch ist dunkler als das von Mastenten, das liegt nicht nur am geringeren Fettanteil in der Muskulatur, sondern auch an der Muskelfaserstruktur: Wie bei anderen Wildarten sind hier die roten Muskelfasern häufiger, der pH-Wert ist höher, damit wird auch mehr Wasser gebunden, was die Lichtreflexion vermindert und zum dunklen Farbton beiträgt. Die Haltbarkeit des Fleisches ist begrenzt, auch unter Kühllagerung. Tiefgefroren ist das Fleisch zwar monatelang haltbar, aber beim Auftauen sollte die Temperatur möglichst niedrig gehalten werden, um ausgeprägte Saftverluste zu vermeiden. Saftverluste können auch bei der Zubereitung vorkommen; wenn die Ente mit der Haut und dem Unterhautfett zubereitet wird, ist die magere Muskulatur vor Austrocknung geschützt. Beim Grillen der enthäuteten Brust gilt das Übliche: anbraten, um die Oberfläche zu versiegeln, und Saftaustritt zu verringern.

 

Uralte Jagdtradition

Wie soll man nun die Ente zubereiten? Zuerst muss man wohl eine erlegen. Und das hat Tradition. Nicht immer wurde dabei mit der Flinte gejagt: In Europa wurden Enten auch in Teiche mit Ausläufern und dann in ein Reusensystem gelockt; Entenjagd hat aber eine viel weiter zurückgehende Historie: Bilder aus dem alten Ägypten zeigen die Jagd mit Wurfholz und Netz (z. B. ein Wandbild aus der Grabkapelle des Nebamun mit verschiedensten Vogelarten; etwa  1400 v. Chr.), aus Tierknochenfunden lässt sich der Artenreichtum der bejagten Vögel erahnen; Entenbraten als Grabbeigabe wurde auch gefunden. Für interessierte Leserinnen und Leser: Boessneck (1986) gibt eine sehr umfassende und spannend zu lesende Beschreibung in den Annalen des Naturhistorischen Museums Wien (im Internet: https://www.zobodat.at/pdf/ANNA_88_89B_0323-0344.pdf). 

 

Univ.-Prof. Dr. Peter Paulsen